Immer mehr Menschen wünschen sich „Luxus“. Etwas, für das andere in Armut schuften müssen. Doch diese „Unsichtbaren“ wehren sich.
von Werner Rügemer
InterContinental Hotel Group (IHG) PLC
InterConti ist die größte Hotelkette der Erde, 5.100 Hotels in 100 Staaten, 770.000 Betten. Die meisten Hotels stehen in den USA, in China und im Nahen Osten, in Deutschland sind es 71. Sie wenden sich an unterschiedliche Zielgruppen: Zu den Besserbetuchten passen die Luxushotels vom Typ Crown Plaza, für die Mittelklasse mit eingeschränktem Service stehen die Holiday Inn Express Hotels bereit, dazu gibt es Spezialhotels wie „Family Time“, „Mixing Business with Pleasure“.
Der zentrale Geschäftssitz dieses globalen Konzerns in Denham bei London kommt mit nur knapp 8.000 Beschäftigten aus. Die Hotels werden fast alle nach dem Franchising-System betrieben: InterConti verpachtet die Hotels an Subunternehmer, die können bzw. müssen den Markennamen, das Vertriebssystem und andere Dienstleistungen des Konzerns nutzen und müssen Pacht bezahlen. Wie bei McDonalds und REWE werden die Pächter kräftig ausgepresst. Dafür müssen die Pächter wieder andere auspressen, eigene Angestellte und Subunternehmer. Dabei sprangen im letzten Jahrzehnt für InterConti Group 12,7 Milliarden Dollar an Gewinn heraus.
Ein verschwiegenes Gebilde
Und wem gehört dieser schöne globale Konzern? Es sind nur 127 Aktionäre. Die traditionellen globalen Konzerne wie Siemens, Deutsche Bank, Coca Cola haben hunderttausende Aktionäre. Aber InterConti ist wie andere neue Konzerne heute ein verschwiegenes Gebilde. Die wichtigsten Aktionäre, also Eigentümer sind auch wieder kleine moderne verschwiegene Finanzkonzerne. Die vier wichtigsten sind – und deren Namen habt Ihr wahrscheinlich noch nie gehört: FMR, Vulcan Value Partners, Jane Street Group, Arrowstreet Capital. Der größte Eigentümer ist also FMR: die Abkürzung bedeutet Fidelity Management and Research. Dieser Kapitalorganisator verwaltet über zweieinhalb Billionen Dollar Kapitaleigentum, also Billionen, nicht Milliarden, also ungefähr fünf mal mehr als der Bundeshaushalt des mächtigen deutschen Staates.
FMR hat seinen Sitz in Boston/USA und hat das Kapital in einer unbekannten Zahl von Unternehmen angelegt. Bekannt ist es nur bei großen Aktiengesellschaften, wo die FMR-Anteile so groß sind, dass sie nach Aktienrecht veröffentlicht werden müssen, also zum Beispiel bei InterConti. FMR ist aber auch zum Beispiel Miteigentümer von Facebook, Google, Apple, Amazon, Microsoft, also überall wo heute rund um die Erde asoziale Manager den Reichtum der Eigentümer mehren auch mithilfe möglichst vieler ausgepresster Subunternehmer, prekärer Arbeitsverhältnisse und ausgeforschter Kunden.
InterConti hat 2007 den Big Brother Award bekommen, wegen Ausspähung der Kunden: Pay-TV-Nutzung, Allergien, Getränke, Essen, Kontaktadressen, Kreditkartendaten. Den Preis für die prekären Arbeitsverhältnisse hat InterConti bisher noch nicht bekommen, das steht noch an.
Vertrauen in Trump
Das F beim Haupteigentümer heißt Fidelity und bedeutet „Treue“. FMR ist treu gegenüber seinen Geldgebern, die ihm ihr Geld zur möglichst schnellen Vermehrung anvertrauen. Die Geldgeber sind amerikanische und deutsche Unternehmerfamilien, reiche Erben, Scheichs und Oligarchen. Wie reich man dabei werden kann, zeigt Abigail Johnson, die Chefin von FMR: Sie ist besonders sich selbst treu. Sie steht auf der Forbes-Liste der größten Raffkes der Erde auf Platz 85 mit einem Privatvermögen von 15 Milliarden US-Dollar. Ein Teil davon kommt aus der Arbeit der Beschäftigten in den InterConti-Hotels.
Die FMR-Chefin Abigail Johnson liebt solche asozialen Brüder und Schwestern und Politiker wie Donald Trump. „America first“ und weltweite Ausbeutung sind kein Gegensatz. Auf der website von FMR heißt es: „Wir geben Trumps Wirtschaftsprogramm einen Vertrauensvorschuss.“
In Düsseldorfs Prachtstrasse
Wir stehen hier vor einem kleinen Teil des Reichtums von Abigail Johnson und vieler anderer unbekannter Millionäre und Milliardäre aus Boston, New York, Saudi-Arabien und vielleicht aus Düsseldorf selbst. Wir stehen also vor dem InterConti auf Düsseldorfs Prachtstrasse Königsallee. Es bietet Luxus und Lifestyle und „Wohnkultur auf höchstem Niveau“. Einziges Ziel, so heißt es gegenüber den Kunden: „Ihr Wohlbefinden“. Die 287 Zimmer und 34 Suiten kosten zwischen 209 und 479 Euro pro Nacht. Der Preis für die Präsidentensuite mit fast 200 Quadratmetern und Marmorbad steht nicht auf der website.
Wie es im Franchising-System oft vorkommt, gehen die ausgepressten Pächter häufig pleite. Das war hier bei diesem Hotel im Jahre 2011 der Fall. Die damaligen Pächter erfüllten die Gewinnerwartungen der damaligen Hotelkette Neue Dorint nicht. Neue Dorint kündigte den Pachtvertrag wegen „Schlechterfüllung der Verträge“. Dann einigte sich Neue Dorint mit InterConti über einen neuen Pachtvertrag.
Dafür gründete ein gewisser Jörg Hubert Schmitten eine neue Betriebsgesellschaft. Sie heißt „InterContinental Hotel Düsseldorf GmbH“. Für das Berliner InterConti-Hotel gründete Schmitten nochmal eine solche Betriebsgesellschaft. Sie heißt „InterContinental Hotel Berlin GmbH“. Für jedes Hotel wird eine eigene Betriebs-GmbH gegründet.
Zur Geschäftsführung gehören noch Tim Jahnel, Jean-Claude Simon und Alain Denis. Dazu gehört auch Raky Ahmed Abd El Azim, er ist Regional Director of Human Resources, Abteilung Europe der InterConti-Gruppe. Human Resources: Das ist die Wissenschaft, wie man die „menschliche Ressource“, die menschliche Arbeitskraft möglichst umfassend ausbeutet: Dazu gehört auch, wie man Schwächen, Sprachunkenntnisse, Angst, Unorganisiertheit und ethnische Unterschiede ausnutzt.
Die Ausbeutungskette aufbrechen!
Die neuen Pächter um Jörg Hubert Schmitten müssen ihren Pachtvertrag nun besser erfüllen als ihre Vorgänger, denen gekündigt worden war. Dazu gehört, dass die von InterConti ausgepressten Pächter wieder weiter nach unten treten und Subunternehmer beauftragen, die ihre Beschäftigten auspressen. Mithilfe von Subunternehmer-Ketten gehört auch gezielter Betrug zur Methode der Gewinnsteigerung.
Die „Wissenschaft“ der Human Resources wird auch hier inmitten der gelobten Düsseldorfer Luxusmeile offensichtlich intensiv betrieben. Das „Wohlbefinden für die Kunden“ und für die unbekannten Anleger wird erreicht durch die Ausbeutung derer, die man nicht sehen soll. Ausbeutung – besonders lautlos, nach außen hin. Der Unternehmer Karly Zingsheim ist mit seiner Firma ZHS GmbH auf Hotelreinigung spezialisiert. Er ist Subunternehmer zum Beispiel für das InterConti hier in der Königsallee. Er liefert vor allem ausländische Putzfrauen und Putzmänner. Dazu beauftragt er auch selbst wieder einen spezialisierten Subunternehmer namens MACOC: Der ist spezialisiert, Unsichtbare aus Bulgarien und Rumänien zu beschaffen.
Damit diese lautlose, heimliche, feige, auch gesetzwidrige Ausbeutung nicht so weitergeht – auch deshalb sind wir hier. Menschenwürde, Menschenrechte, Rechtsstaat: Das sind die Forderungen der Beschäftigten! Und das sollten auch die Forderungen der Kunden sein, und auch des Düsseldorfer Stadtrats und des Düsseldorfer Oberbürgermeisters und der Düsseldorfer Bürger! Und auch der vier Polizisten, die hier im Namen des Rechts etwas ratlos herumstehen! Hätten sie nicht eigentlich etwas Besseres zu tun?
Werner Rügemer, interventionistischer Philosoph, ist unter anderem Mitbegründer von aktion gegen arbeitsunrecht (arbeitsunrecht.de) und Gemeingut in BürgerInnenhand (gemeingut.org). Zuletzt erschien von ihm „Bis diese Freiheit die Welt erleuchtet. Transatlantische Sittenbilder aus Politik und Wirtschaft, Geschichte und Kultur“ im Papyrossa-Verlag.
Quelle: rubikon.de