Es ist weithin bekannt, dass die US-geführte NATO-Intervention zum Umsturz des libyschen Staatschefs Muammar Gaddafi 2011 in einem Machtvakuum resultierte, das es Terrorgruppen wie ISIS ermöglicht hat, in diesem Land Fuß zu fassen.
Trotz der zerstörerischen Konsequenzen der Invasion von 2011, verfolgt der Westen gegenwärtig hinsichtlich Syrien einen ähnlichen Kurs. Genau wie die Obama-Regierung Gaddafi 2011 verurteilte, indem sie Menschenrechtsverletzungen hervorhob und darauf beharrte, dass er entmachtet werden müsse, um das libysche Volk zu schützen, weist nun die Trump-Regierung auf die repressive Politik von Baschar al-Assad in Syrien hin, und kündigt an, dass seine Herrschaft bald zu einem Ende kommen werde – alles im Namen des Schutzes der syrischen Zivilisten.
Aber indem die USA und ihre Verbündeten es versäumten, ihren kürzlichen Luftangriff völkerrechtlich zu legitimieren – geschweige denn konkrete Beweise vorzulegen, um ihre Behauptungen zu stützen, dass Assad für einen kürzlichen tödlichen Angriff mit chemischen Waffen verantwortlich ist – tauchen weitere Risiken einer Invasion fremder Länder und der Beseitigung ihre Staatsoberhäupter auf.
Diese Woche enthüllten neue Funde eine weitere unbeabsichtigte Konsequenz “humanitärer Interventionen”: die Zunahme des Handels mit menschlichen Sklaven.
The Guardian berichtet, dass während “Gewalt, Erpressung und Sklavenarbeit” für Menschen Realität geworden sind, die in der Vergangenheit durch Libyen geschleust wurden, hat sich der Sklavenhandel kürzlich ausgedehnt. Heute verkaufen die Menschen ganz offen andere menschliche Wesen.
“Die letzten Berichte von ‘Sklavenmärkten’ für Migranten, können zu einer langen Liste an Skandalen [in Libyen] hinzugefügt werden”, sagte Mohammed Abdiker, Leiter für Einsätze und Notfälle beim International Office for Migration [IOM/Internationale Organisation für Migration], einer zwischenstaatlichen Organisation, die laut ihrer Internetseite “humane und geordnete Migration zum Vorteil aller” fördert. “Die Situation sieht düster aus. Je mehr sich das IOM innerhalb Libyens engagiert, desto mehr erfahren wir, dass es ein Jammertal für allzu viele Migranten ist.”
Das nordafrikanische Land wird üblicherweise als ein Ausreisepunkt für Flüchtlinge benutzt, die aus anderen Teilen des Kontinents fliehen. Aber seit Gaddafi 2011 gestürzt wurde, “ist das riesige, spärlich besiedelte Land in einem gewaltsamen Chaos versunken und Migranten mit wenig Bargeld und üblicherweise ohne Ausweispapiere, sind besonders verwundbar”, erklärt The Guardian.
Ein Überlebender aus Senegal sagte, er habe mit einer Gruppe anderer Migranten, die aus ihren Heimatländern zu fliehen versuchten, Libyen von Niger aus durchquert. Sie hatten einen Schleuser bezahlt, um sie per Bus an die Küste zu transportieren, wo sie es riskierten, ein Boot nach Europa zu nehmen. Aber anstatt sie an die Küste zu bringen, brachte sie der Schleuser auf ein staubiges Stück Land in Sabha, Libyen. Laut Livia Manente, einem IOM-Beauftragten, der Überlebende befragt, “sagte ihr Fahrer plötzlich, dass Mittelsmänner nicht ihre Gebühren übergeben hätten, und gab seine Passagiere zum Verkauf frei”.
“Mehrere andere Migranten bestätigten seine Geschichte, indem sie unabhängig voneinander sowohl eine Art Sklavenmärkte beschrieben als auch ein Art Privatgefängnisse in ganz Libyen”, sagte sie, während sie hinzufügte, dass IOM Italien ähnliche Geschichten von anderen Migranten bestätigte, die in Süditalien landeten.
Der senegalesische Überlebende sagte, er sei in ein provisorisches Gefängnis gebracht worden, was The Guardian als in Libyen üblich bezeichnet.
“Diejenigen die darin festgehalten werden, werden zu Arbeit ohne Bezahlung gezwungen, oder zu kärglichen Rationen, und ihre Kidnapper rufen regelmäßig die Familie zuhause an, um Lösegeld zu verlangen. Seine Kidnapper verlangten 300.000 CFA-Francs BCEAO [ca. 457 Euro] und verkauften ihn dann an ein größeres Gefängnis, wo sie ohne Erklärung das Doppelte verlangten.”
Wenn Migranten zu lange festgehalten wurden, ohne dass für sie Lösegeld bezahlt wurde, wurden sie weggebracht und getötet. “Manche siechten auf mageren Rationen und unter unhygienischen Bedingungen dahin, indem sie an Hunger und Krankheit starben, aber die Gesamtzahlen sanken nie”, berichtete The Guardian.
“Wenn die Zahl der Migranten runter geht, weil jemand stirbt oder freigekauft wird, gehen die Kidnapper einfach auf den Markt und kaufen einen anderen”, sagte Manente.
Giuseppe Loprete, Missionschef von IOM Niger, bestätigte diese beunruhigenden Berichte. “Es ist ganz offensichtlich, dass sie sich selbst als Sklaven wahrnehmen”, sagte er. Er arrangierte allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres die Rückführung von 1.500 Migranten, und ist besorgt, dass mehr Geschichten und Vorfälle auftauchen werden, indem mehr Migranten aus Libyen zurückkehren.
“Und die Bedingungen in Libyen verschlimmern sich, daher denke ich, dass wir in den kommenden Monaten noch mehr erwarten können”, fügte er hinzu.
Indem die Regierung der Vereinigten Staaten damit fortfährt, einen Regimewechsel in Syrien als machbare Lösung für die vielen Krisen in diesem Land zu unterhalten, wird es immer offensichtlicher, dass Diktatoren zu stürzen – wie verabscheuungswürdig sie auch immer sein mögen – nicht effektiv ist. Die Entmachtung Saddam Husseins führte nicht nur zum Tod von Zivilisten und zur Radikalisierung innerhalb der Bevölkerung, sondern auch zum Aufstieg von ISIS.
Indem Libyen, einst ein Fanal der Stabilität in der Region, weiterhin in die negativen Auswirkungen der westlichen “humanitären” Intervention hineinschlittert – und indem menschliche Wesen in den aufkommenden Sklavenhandel hineingezogen werden, während die Bevölkerung von Vergewaltigungen und Entführungen geplagt wird – ist es immer offensichtlicher, dass weitere Kriege nur noch mehr Leid auf unvorhergesehene Weise herbeiführen werden.
Verweise:
- http://www.newyorker.com/news/news-desk/isis-rises-in-libya
- http://www.scmp.com/news/world/europe/article/2086806/no-place-assad-syrias-future-says-us-secretary-state-rex-tillerson
- https://www.iom.int/about-iom
- https://www.theguardian.com/world/2017/feb/28/refugee-women-and-children-beaten-raped-and-starved-in-libyan-hellholes
- https://www.thenation.com/article/what-i-discovered-from-interviewing-isis-prisoners/
- http://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/how-saddam-husseins-former-military-officers-and-spies-are-controlling-isis-10156610.html
- https://www.theguardian.com/world/2017/feb/28/refugee-women-and-children-beaten-raped-and-starved-in-libyan-hellholes
- https://www.amnesty.org.uk/press-releases/libya-wave-abductions-torture-and-gang-rape-driving-mediterranean-migrant-exodus-new
Übersetzt aus dem Englischen von http://anonhq.com/last-country-liberated-evil-dictator-now-openly-trading-slaves