Südafrikas Präsident Zuma und dessen Geschäftspartner nahmen Staatsfirmen aus und kooperierten dabei auch mit deutschen Unternehmen
Von Christian Selz, Kapstadt
Es bedarf wenig investigativen Gespürs, um herauszufinden, dass Reichtümer und Produktionsmittel nach der – von Zuma höchstpersönlich mitgestalteten – Verhandlungslösung zum Ende der Apartheid 1994 weitgehend in den Händen ihrer bisherigen, also weißen, Besitzer blieben. Ob auf den Farmen des Landes, in den Chefetagen der Konzerne oder an der Johannesburger Börse: Die herrschende Klasse war nicht bereit, ihre Position aufzugeben, sie kooptierte lediglich ein paar schwarze Gesichter, um ihren Status wahren zu können. Den logischen Unmut darüber nutzte Zuma, um seine eigene Bereicherung voranzutreiben, indem er die Legende von einer Machtübernahme in der Wirtschaft durch Schwarze erzählte. Dass damit nie eine soziale Umverteilung zugunsten verarmter Massen gemeint war, zeigt schon die Wahl der Partner.
Neben den »Beratungsleistungen« Bell Pottingers griff das mit Zuma verknüpfte Unternehmerkonglomerat auch auf die Dienste des Wirtschaftsprüfers KPMG zurück. Der global agierende Konzern mit offiziellem Sitz in der Schweiz leistete der Gupta-Familie tatkräftige Unterstützung bei der Verschleierung von Geldflüssen. So finanzierte der aus Indien nach Südafrika eingewanderte Clan eine umgerechnet zwei Millionen Euro teure Hochzeitsfeier im Jahr 2013 mit staatlichen Fördergeldern, die eigentlich für ein Landwirtschaftsprojekt bestimmt waren. Das legte ein südafrikanischer Rechercheverbund, der Zugang zu privaten E-Mails der Geschäftsleute erlangt hatte, Ende Juni offen. Die Kosten der Vermählungsfeierlichkeiten setzten die Guptas demnach schließlich gar noch als Geschäftsausgaben von der Steuer ab. Da sich auch etliche Minister die Sause nicht entgehen ließen – der Stellungnahme einer Regierungssprecherin zufolge allerdings als Privatleute – dürfte die Deklarierung sogar der Wahrheit entsprechen.
Die Guptas behandelten manche Kabinettsmitglieder wie Angestellte. Im Falle von Bergbauminister Mosebenzi Zwane sollen die Geschäftsleute (für die auch der Präsidentensohn Duduzane Zuma führende Positionen in mehreren ihrer Firmen inne hatte), gar vier Wochen vor seiner Ernennung den Lebenslauf zugesandt bekommen haben. Auch das belegen die öffentlich gewordenen E-Mails. Der ehemalige Vizefinanzminister Mcebisi Jonas gab selbst zu, dass die Guptas bei einem von Zuma Junior vermittelten Treffen versucht hätten, ihn mit 600 Millionen Rand (40 Millionen Euro) zu bestechen. Die South African Communist Party (SACP), die mit Zumas African National Congress (ANC) und dem Gewerkschaftsbund Congress of South African Trade Unions (COSATU) die Regierungsallianz bildet, spricht deshalb seit längerem von »State Capture«, also der Unterwanderung des Staates. Ihre Rücktrittsforderungen ignoriert Zuma jedoch.
Der Staatschef kann schon deshalb nicht abtreten, weil er als zentrales Bindeglied in einem kriminellen Netzwerk benötigt wird, das vor allem Staatskonzerne plündert. Das Schema der Zuma-Gupta-Gang, von der linken Oppositionspartei Economic Freedom Fighters (EFF) prägnant »Zupta« getauft, ist dabei einfach. Mithilfe der politischen Macht des Staatspräsidenten, der zugleich Präsident des ANC ist, wurden strategisch wichtige Positionen sowohl in Staatskonzernen als auch in Strafverfolgungs- und Ermittlungsbehörden besetzt. Dass Zuma während des Antiapartheidkampfes selbst Chef des ANC-Geheimdienstes war und über ein weitreichendes parteiinternes Netzwerk verfügt, dürfte dabei sicherlich dienlich gewesen sein.
Mit den richtigen Leuten an entscheidenden Stellen ließen sich in der Folge völlig straffrei prima krumme Geschäfte machen. So kauften die Guptas mithilfe des Bergbauministers Zwane und des Chefs des Stromversorgers Eskom eine Kohlemine. Den Kaufpreis schoss der Staatskonzern vor, immense Gewinne sind Dank hoher Abnahmegarantien zu horrenden Preisen sicher. Und auf Gebieten, in denen die Gupta-Firmen das nötige Know-How nicht liefern konnten, verdienten sie zumindest an der Auftragsvergabe ordentlich mit. Denn um im Staate »Zupta« Geschäfte zu machen, braucht es enge Verbindungen zu den obersten Führungsebenen – und wer die nicht hatte, musste sie sich eben kaufen.
SAP und die Software AG waren dazu anscheinend bereit; mit den Gupta-E-Mails veröffentlichte Vertragsunterlagen belegen südafrikanischen Medien zufolge millionenschwere »Verkaufsassistenzgebühren« und ähnliche Zahlungen für Vermittlungsdienste an Firmen aus dem Gupta-Imperium. Im Gegenzug winkten den deutschen Konzernen demnach lukrative Aufträge unter anderem beim staatlichen Bahnkonzern Transnet. Die sind nach der Offenlegung nun freilich bedroht. SAP hat bereits vier lokale Manager geopfert und sich hochgradig empört gezeigt. Die Software AG, die zuvor einen Monat lang die Anfragen südafrikanischer Journalisten ignoriert hatte, tat nun ebenfalls überrascht und kündigte interne Ermittlungen an.