Es gibt Geschichten, die man mit dem einen Auge lachend und mit dem anderen weinend lesen kann. Dieser Artikel ist so einer, basierend auf einer wahren Geschichte. Es ist eine witzige Geschichte für den Leser, aber nicht für den Betroffenen.
Es geht um einen jungen Mann der 2. Generation der “Deutschtürken“ und er heißt Ali Güldüren (der Name wurde geändert). Er lebte mit seinen Eltern in Hamburg und besuchte hier die Schule.
Sein Vater hatte sich selbständig gemacht, ein Restaurant eröffnet und kehrte, der hier lebenden türkischen Gesellschaft den Rücken. Das Restaurant sollte sich von all den anderen türkischen Restaurants abheben, etwas besonderes sein. Die Besonderheit bestand darin, dass keine türkischen Kunden, sondern nur Deutsche hier ihre Mahlzeiten, die nicht typisch türkisch waren, einnehmen.
Ein Restaurant ohne “Multi – Kulti“ aber mit den Namen Üsküdar.
Jahrelang wollte auch Ali mit „Schwarzköpfen“ nichts zu tun haben. Wie der Vater so der Sohn!
So wuchs und wuchs der Ali nach dem Vorbild seines Vaters heran. Mit 18 Jahren beschloss die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen, was damals nicht üblich war. Er bekam die Staatsbürgerschaft, wurde “staatlich geprüfter Deutscher“ und legte sich als zweiten Vornamen “Alexander“ zu.
Aus Ali Güldüren wurde Ali Alexander Güldüren. (der Name Alexander wurde hier nicht geändert!)
Ali Alexander lebte mit seinem neuen Namen mehr oder weniger glücklich, bis er den Brief vom Kreiswehrersatzamt mit dem Musterungsbescheid und irgendwann danach die Einberufung zum Wehrdienst bekam. Er musste, wie jeder andere deutsche Mann, zur Bundeswehr.
“Kein Problem“, dachte sich der frisch gebackene “staatlich geprüfte Deutsche“ und zog in eine Kaserne ein. Anschließend an die Grundausbildung leistete er seinen Militärdienst, zusammen mit einigen urdeutschen Kameraden, u.a. aus bayrischen Bergdörfern stammend, auf einem U-Boot ab.
Nach dieser Erfahrung kam er allerdings nicht als “Deutscher“, sondern als “stolzer Türke“, nach Hamburg zurück.
Seinen alten Freunden, die er früher meiden wollte, erzähle Ali Alexander ausführlich von seinen Erlebnissen beim Bund und endete immer mit demselben Satz “sie sind alle Nazis Moruk (alta)“.
Ich will hier jetzt nicht seine Erlebnisse und Erfahrungen aufzählen. Das ist nicht das Thema dieses Artikels. Mit etwas Phantasie kann man es sich vorstellen.
Jedenfalls ging Ali zum türkischen Konsulat und teilte mit, dass er wieder türkischer Staatsbürger sein wolle. Kein Problem, seine Dokumente lagen noch vor, er bekam seinen türkischen Pass zurück.
Jahre vergingen, Ali Alexander wurde älter, fuhr jedes Jahr in den Urlaub in die Türkei, wo er sich ein kleines “Residenzchen“ am Meer gekauft hatte. Hier arbeiten, dort den Urlaub genießen, war seine Devise.
Eines Tages, Ali Alexander war in der Türkei, klingelte es an der Tür. Zwei Gendarmen standen vor der Tür und wollten wissen, ob er Ali Güldüren sei? Als er die Frage bejahte, teilten sie ihm mit, dass er wegen Fahnenflucht gesucht wird. Er müsste zum Militär.
Ali Alexander versuchte den Gendarmen zu erklären, dass er, da er ja bereits in der BRD Militärdienst geleistet hatte, nicht auch noch in der Türkei zum Militär müsste, da die Türkei und die BRD Nato-Partner sind und somit der bereits geleistete Militärdienst in dem einen Nato-Land auch für das andere gelte. Alles vergeblich, Befehl ist Befehl, das muss ein Richter entscheiden. Also ab zum Militärgericht.
Dort erzählte Ali Alexander erneut seine Geschichte. Nur reichte das nicht. Es wurde nicht in Frage gestellt, dass er bereits in der BRD Militärdienst geleistet hatte, aber Dokumente müssen her und der Fall muss untersucht werden.
Ali Alexander wurde nicht verhaftet, dürfe aber nicht ausreisen, bevor der Fall abschließend geklärt sei. “Kein Problem“, dachte sich Ali Alexander, er war sehr zuversichtlich, dass die Angelegenheit sich einfach klären lassen würde. So einfach war‘s aber nicht…..
In seinen türkischen Dokumenten war eine andere Person eingetragen, als in den deutschen Dokumenten. Das heißt, in den türkischen Dokumenten war keine Spur von “Alexander“ zu finden. Und an den teuren Übersetzungen lag das nicht.
“Ach, kein Problem“, dachte er sich, “ich lasse einfach in die türkischen Dokumente meinen zweiten Vornamen eintragen, das war’s“.
Aber das war‘s leider nicht!
Zuständig für die Eintragung des zweiten Namens ist das Familiengericht. Ali Alexanders Anwalt sollte nun die Änderung im Stammbaum beim Familiengericht beantragen.
Wie heißt es so schön “Die Mühlen der Bürokratie mahlen langsam“ und es ist nicht übertrieben zu sagen, dass sie in diesem Fall besonders langsam mahlten.
Man könnte jetzt aufhören und diesen Artikel nicht weiter lesen, aber damit würde man auf den Höhepunkt der Geschichte verzichten. Das wollen wir doch nicht, oder?
Die Angelegenheit kostete nicht nur viel Geld und viel Zeit, sondern auch Nerven. Ali Alexanders Zuversicht verflog mehr und mehr.
Ich weiß nicht, ob Ali Alexander seinen Urlaub verlängern musste, die Zeit konnte er jedenfalls nicht anhalten.
Schließlich kam es endlich zur Verhandlung.
Und der Richter lehnte Ali Alexanders Antrag auf Namensänderung ab!
Aber warum? Er hatte doch alles gemacht, einen teuren Anwalt beauftragt….
Trotzdem konnte sein zweiter Name “Alexander“ leider nicht in das Register eingetragen werden.
Begründung: weil es den Buchstaben X im türkischen Alphabet und somit auf türkischen Schreibmaschinen gar nicht gibt!
Tja, da hatte sich Ali Güldüren damals wohl keinen so guten zweiten Namen ausgesucht….
Nun wurde also Widerspruch bei der nächst höherer Instanz eingelegt.
Das Verfahren läuft, Ergebnis offen und ungewiss.
Ali Alexander kam also unverrichteter Dinge in seine zweite Heimat zurück.
Als er seine Geschichte einem klugen Freund erzählte, riet ihm dieser, das teure Gerichtsverfahren abzubrechen. Stattdessen solle er lieber zum Konsulat gehen und sich, als hier lebender türkischer Bürger vom Militärdienst freikaufen. Das würde ihm viel Zeit, Nerven und sehr viel Geld sparen….
… und er wäre der erste Mann, den ich kenne, der zweimal Militärdienst geleistet hat.
Verfasst für Freiesicht.org