Eine amerikanische Studie zeigt: Medien berichten wesentlich häufiger, wenn der Täter Muslim ist, obwohl Rechtsextremisten in den USA deutlich mehr Anschläge begehen
Eine amerikanische Studie zeigt: Medien berichten wesentlich häufiger, wenn der Täter Muslim ist, obwohl Rechtsextremisten in den USA deutlich mehr Anschläge begehen
Als Darren Osborne in der Nacht vom 19. zum 20. Juni sein Auto in eine Menschenmenge steuerte, war es für die Bewohner Londons bereits das dritte Mal in diesem Jahr, dass Extremisten mit Fahrzeugen auf Menschenjagd gingen. Doch obwohl auch der Angriff auf Muslime vor der Londoner „Finsbury Park-Moschee“ wie die Anschläge zuvor tödlich endete und die britische Regierung den Angriff als Terroranschlag einstufte, war diesmal etwas anders.
Anders als die islamistischen Auto-Anschläge vom 22. März und 4. Juni schaffte es Islamhasser Osborne nicht in Vollformat auf die Titelseiten britischer Medien, vielen britischen Zeitungen war der Anschlag Osbornes lediglich eine Schlagzeile unter vielen wert.
Der Frage, wie sich die mediale Berichterstattung über islamistische und nicht-islamistische Anschläge unterscheidet, sind nun zwei amerikanische Kommunikations- und Terrorismus-Forscher nachgegangen. Mit Blick auf die Berichterstattung in den USA haben sie Anschläge und Medienberichte ausgewertet und kamen zu einem eindeutigen Ergebnis: Über Attentäter, die als muslimisch gelten, werde 449 Prozent häufiger berichtet als über nicht-muslimische Attentäter.
Verantwortlich für die Untersuchung sind Erin M. Kearns, Konfliktforscher an der Georgia State University und Anthony Lemieux, Professor für „Global Studies and Communication“, ebenfalls an der Georgia State University. Für ihre Studie haben sie sämtliche Terroranschläge in den USA zwischen 2011 und 2015 ausgewertet. Dabei haben sich die Forscher an der Terrorismus-Definition des amerikanischen Heimatschutz-Ministeriums und dessen „Global Terrorism Database“ orientiert.
Mutmaßlich Islamistische Anschläge bekommen fünf- bis sechsmal so viel Aufmerksamkeit wie nicht-muslimische
Kearns und Lemieux zählten 89 Anschläge auf amerikanischem Boden. Anschließend untersuchten sie, wie viel mediale Aufmerksamkeit die Angriffe jeweils bekommen hatten. Dabei zählten sie jeden Beitrag, der sich mit dem Anschlag selbst, den Opfern oder den Tätern befasst und kamen auf insgesamt 2.413 Berichte.
Während 24 Anschläge gar keine Erwähnung fanden, befasste sich fast jeder zweite Medienbeitrag (44 Prozent) mit Anschlägen durch Muslime. Und das obwohl lediglich 12 Prozent der Anschläge von Muslimen begangen wurden. Noch größer fällt die Diskrepanz bei Anschlägen durch Muslime aus, die im Ausland geboren wurden. Zwar entfielen nur 5 Prozent der Anschläge auf diese Tätergruppe, allerdings 32 Prozent der Medienberichte.
Die Forscher weisen allerdings darauf hin, dass nicht nur das Label „islamistisch“ für die Intensität der Berichterstattung ausschlaggebend sei. So schlage sich auch der Erfolg der Strafverfolgung in der Anzahl an Artikeln wider: Über Täter, die nicht verhaftet oder angeklagt werden, wird auch seltener berichtet. Mehr Aufmerksamkeit erhielten außerdem Anschläge auf Regierungseinrichtungen. Zudem würden Medien umso häufiger berichten, je „blutiger“ ein Anschlag verlaufe. Doch selbst wenn man diese Faktoren herausrechnet, seien mutmaßlich islamistische Anschläge dennoch noch deutlich höher repräsentiert.