„Der amerikanische Präsident Donald Trump hat Verteidigungsminister James Mattis und seine Generälen angewiesen, bis Ende Februar einen neuen Plan zum Kampf gegen die Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) vorzulegen. Dieser müsse eine umfassende Strategie für einen Sieg über den IS enthalten, hieß es in einem Dekret, das Trump am Samstagabend unterzeichnete. Ein erster Entwurf muss demnach binnen 30 Tagen vorliegen.
Laut dem Dekret sollen die amerikanischen Truppen größeren Handlungsspielraum für den Kampf gegen den IS erhalten. Demnach soll Mattis Änderungen der bisherigen „politischen Beschränkungen“ vorschlagen, die „über die Vorschriften internationaler Gesetze bezüglich der Anwendung von Gewalt hinausgehen“. Die Dschihadisten sollten an allen Fronten bekämpft werden, einschließlich im Internet. Zudem sollen Mattis und seine Experten nach Wegen suchen, die Finanzquellen des IS trockenzulegen.“ Zitat: FAZ, 29.01.2017
Das Dekret fordert den Verteidigungsminister auch auf, „neue Partner“ für die von den Amerikanern geführte Koalition gegen den IS zu benennen. Nach russischen Angaben hatten sich Trump und der russische Präsident Wladimir Putin in einem Telefonat am Samstag bereits für eine „echte Koordination“ der Maßnahmen zur Zerstörung des IS und anderer Terrorgruppen in Syrien ausgesprochen.“ Zitat: welt.de, 29.01.2017 FAZ, 29.01.2017
Sowohl Aspekte der politischen Entwicklung innerhalb der EU, wie der zunehmende Einfluss rechtsradikaler Kräfte in mehreren der Mitgliedsstaaten, als auch das von Trump erlassene Einreiseverbot für die 7 vornehmlich muslimischen Staaten sind als Kampfansage an den Islam zu verstehen. Damit geht eine zunehmende gesellschaftliche Ausgrenzung von Muslimen in den USA und der EU einher und es ist anzunehmen, dass sich diese Situation noch weiter verschärfen wird. Rassistische und faschistische Angriffe auf Muslime werden ansteigen. Zudem hat dieses Klima zur Folge, dass in Reaktion darauf der Nährboden von IS und Al Kaida innerhalb muslimischen Gemeinden wächst und so sich deren Anhängerschaft in den betreffenden Ländern verbreitet.
Die letzten politischen und militärischen Entwicklungen, unter anderem die Befreiung Aleppos und von Teilen Mossuls, der türkische Angriff auf Al-Bab in Syrien, die Anti-IS-Allianz zwischen Iran, Russland und der Türkei zeigen Wirkung und der IS verliert an Boden. Diese Erfolge genau wie die islamfeindlichen innenpolitischen Entwicklungen in Europa und den USA haben jedoch eine Kehrseite, die den IS noch gefährlicher werden lassen. Der IS weicht aus und sucht verstärkt neue Einflussgebiete in den Nachbarländern. Für den Libanon, Jordanien und insbesondere für die Türkei kann dies existenzbedrohend werden.
Wie vorbereitet ist die Türkei für diesen zu erwarteten dschihadistischen Angriff? In einem Land wie der Türkei, indem die Konflikte zwischen Säkularismus und Islamismus, türkischem Nationalismus und kurdischem Nationalismus wie auch zwischen Alevitismus und Sunnismus die Gesellschaft tief gespalten haben, verfügen die radikalen islamistischen Kräfte über einen großen Spielraum. In der jüngeren Geschichte der Türkei findet man dafür deutliche Hinweise. IS, Al Kaida oder ähnliche dschihadistische Gruppierungen besitzen hier, trotz der vereinzelten staatlichen Anti-Terror-Operationen, sehr starke Netzwerke. Durch die veränderte Lage im Irak und in Syrien kalkuliert man in der Türkei zudem mit tausenden von IS-Rückkehrern, die diese Netzwerke verstärken werden.
Mit der AKP wurde in der Türkei der so genannte „liberale Islam“ seit 2002 zunehmend zur Staatsideologie. Der andauende Krieg zwischen Erdogans AKP und der Gülen-Bewegung hat in den zurückliegenden Monaten jedoch nicht nur eine Staatskriese verursacht, sondern zugleich auch den „Liberalen Islam“ in einen unumkehrbaren Auflösungsprozess hineinmanövriert. Erdogan hat die Mitbegründer der AKP und die überzeugten Gefolgsleute des liberalen Islams von ihren Regierungsposten entfernt, politisch entmachtet und isoliert und sie durch seine Anhänger ersetzt. Dieser mit Lügen, Intrigieren und Inszenierungen geführte Prozess hat auf Seiten der politischen Islamanhänger zu großer Enttäuschung geführt sowie deren Strukturen geschwächt.
Für die Dschihadisten ist das eine sehr viel versprechende Ausgangslage, da ihre unmittelbare Konkurrenz auf dem islamistischen Terrain innerhalb der Türkei im Moment desorientiert erscheint. Andererseits verwandelt Erdogan die Türkei mehr und mehr in eine Diktatur und bringt das Land damit in eine Lage der Instabilität. Man hat allen Grund zur Sorge, dass die Türkei sich möglicherweise bald in einer bürgerkriegsähnlichen Situation befindet.
Solidarität mit dem Widerstand in der Türkei!
Ali Kerimoğlu/HB
Verfasst für Freiesicht.org