Die Illusion einer friedlichen Lösung im Jemen
von Stephen Lendman
In einer Mitte November gehaltenen Ansprache log der saudische König Salman, als er behauptete, er unterstütze die Beendigung des jahrelangen Krieges, eine Vorstellung, die sowohl er als auch der Kronprinz Mohammad bin Salman und die Hardliner im Trump-Regime ablehnen. Nachdem zuvor die Feindseligkeiten gegenüber Jemens Hafenstadt al-Hudaida, der Lebensader des Landes, im Zuge einer strategischen Neuausrichtung ausgesetzt worden waren, setzten die Saudis und die Emiratis ihre terroristischen Bombardements ab dem 19. November jedoch wieder mit unverminderter Härte fort.
Ein Resolutionsentwurf der Briten im UN-Sicherheitsrat, der alle Parteien auffordert, ihre Kriegshandlungen in al-Hudaida sowie anderswo in dicht besiedelten Gebieten einzustellen, und außerdem verlangt, humanitäre Hilfe ungehindert ins Land zu lassen, wird auch dann nichts erreichen, wenn alle Mitglieder des Sicherheitsrats der Resolution zustimmen. Denn Washington, die NATO und die Saudis brechen zusammen mit ihren kriegsbesessenen Verbündeten schamlos jeden Beschluss des Sicherheitsrats sowie andere internationale Gesetze, wenn diese ihrer imperialen Agenda im Wege stehen.
Allein der jahrelange, von der Trump-Regierung noch weiter angeheizte US-Drohnen-Bomben-Terror hat inzwischen unzählige wehrlose jemenitische Kinder und andere Zivilisten dahingemetzelt. Ein Einwohner brachte es wie folgt auf den Punkt: „Wir leben immerzu in großer Angst. Die Drohnen sind ununterbrochen am Himmel!“ Und von dort aus bringen sie Tod und Zerstörung über das Land, massakrieren unzählige Menschen.
Leider ist UN-Generalsekretär António Guterres ein Teil des Problems, da er Washingtons imperiale Agenda genauso unterstützt wie seine Vorgänger, obwohl er das Gegenteil behauptet. Vor einigen Wochen erst hatte eine Statistik der UNO die Wahrheit auf den Kopf gestellt, in der behauptet wurde, der Krieg hätte bislang 6.400 Menschen getötet und etwa 30.000 verletzt. Dabei sind in Wirklichkeit seit Beginn der US-Aggression gegen den Jemen im Oktober 2001 hunderttausende Jemeniten im Krieg umgekommen und von unbehandelten Krankheiten, Hunger und Entbehrung hinweggerafft worden. Indem das Büro des UN-Generalsekretärs die Opferzahlen derart herunterspielt, begeht es ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Es ist ein schrecklicher Affront gegen die vielen Millionen, seit Jahren leidenden Jemeniten, die Opfer US-imperialistischer Boshaftigkeit wurden und sind.
Ein Monate zuvor über Guterres‘ Sprecher erfolgtes Statement zum Jemen beinhaltete so ziemlich dasselbe, was der Generalsekretär immer dann von sich gibt, wenn es um die Aggressionen der USA, NATO und Israels geht: Alle Seiten werden aufgefordert, Zurückhaltung zu zeigen, Zivilisten zu schonen und alles daran zu setzen, den Konflikt auf diplomatischem Wege zu lösen. Dabei tut Guterres so, als wären die Kontrahenten in irgendeiner Weise ebenbürtig. Er ignoriert die nackte Aggression und macht die USA, die NATO, Israel und ihre imperialistischen Verbündeten nicht verantwortlich für deren Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die längst zu groß sind, um darüber hinwegzugehen. So wie die meisten seiner Vorgänger ist auch Guterres eine Schande für sein Amt, denn er verletzt die UN-Charta, auf die er doch einen Eid geleistet hat.
Das zuvor erfolgte Friedensangebot der Huthis war gut gemeint aber unrealistisch, da Washington, die NATO, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate eine friedliche Lösung des Konflikts ablehnen.
Die schreckliche Zahl der Todesopfer steigt also täglich. Einer konservativen Schätzung von Save the Children zufolge sind allein seit Anfang 2015 etwa 85.000 Kinder unter fünf Jahren an Hunger und Krankheiten gestorben. Zuvor hatte die UNESCO geschätzt, dass seit März 2015 jährlich 50.000 Kinder unter fünf Jahren gestorben sind. Dagegen handelt es sich bei den niedrigen Zahlen, die von den westlichen und anderen Medien kolportiert werden, um blanke Lügen, die das Ziel haben, eines der großen Verbrechen in der Geschichte herunterzuspielen. Das große Gemetzel im Land geht einfach immer weiter. Ein Ende in naher Zukunft ist genauso wenig abzusehen wie an den anderen von den USA gesteuerten Kriegsschauplätzen. Wenn sich die US-Aggression und die Blockade noch über weitere Jahre hinziehen, könnten Millionen von Jemeniten allein an den Folgen von Hunger und unbehandelten Krankheiten sterben.
Tamer Kirolos, Jemens Länderchef von Save the Children, meinte dazu Folgendes: „Wir finden es schrecklich, dass seit Kriegsbeginn im Jemen bis zu 85.000 Kinder an den Folgen extremen Hungers gestorben sein könnten. Auf jedes Kind, das durch Bomben oder Kugeln getötet wird, kommen Dutzende, die einfach verhungern, und dabei ließe sich das so leicht verhindern.“ Er fügte hinzu: „Kinder, die auf diese Art sterben, leiden entsetzlich, da ihre lebenswichtigen Organe immer schlechter funktionieren, bis sie schließlich ganz versagen. Die Immunsysteme dieser Kinder sind so schlecht, dass sie sehr anfällig für Infektionen sind. Viele sind so schwach, dass sie nicht einmal mehr weinen können. Die Eltern müssen mit ansehen, wie ihre Kinder dahinsiechen, ohne dass sie etwas dagegen tun könnten.“
Wie viele tote Jemeniten sind denn zu viele? Wie viel mehr geschändete und zerstörte Länder wird es noch brauchen, bis Washingtons imperialer Appetit endlich gestillt ist? Ist eine höhere Intelligenz mehr Fluch denn Segen? Werden uns technologisch hoch entwickelte Waffen irgendwann alle ins Verderben stürzen?
Stephen Lendman ist ein amerikanischer Blogger und lebt in Chicago. Zuletzt trat er vor allem als Herausgeber des Buches „Flashpoint in Ukraine: US Drive for Hegemony Risks WW III“ in Erscheinung.
Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „The Illusion of Conflict Resolution in Yemen. Several Hundred Thousand Yemenis Have Perished from War, Disease, Starvation and Overall Deprivation“. Er wurde vom ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratsteam lektoriert.
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Quelle: https://www.rubikon.news/artikel/das-grosse-sterben