Argentinien hat gerade die schlimmste Dürre seit dreißig Jahren erlebt. Kalifornien hat vor kurzem, gemäß einer Untersuchung der Universität von Arizona, die schlimmste Dürre seit dem 15. Jahrhundert erlitten. Die Gouverneurin von Oregon, Kate Brown hat gerade eine Durchführungsverordnung bezüglich der bedrohlichen Dürreverhältnisse im Klamath-Becken unterzeichnet. Das US-Landwirtschaftsministerium rief kürzlich für vier Bundesstaaten (Louisiana, Mississippi, Arkansas und Texas) die landwirtschaftliche Katastrophe wegen Dürre aus, betroffen sind insgesamt 25 Gemeinden und 124 Landkreise. Letzte Woche protestierten iranische Bauern in Isfahan gegen die Untätigkeit der Regierung angesichts einer Dürre, die die Region seit über einem Jahrzehnt heimsucht. Bauern in Maharashtra, Indien, protestieren wegen der wachsenden Dürreprobleme in der Region bei den Staatsministern bezüglich Darlehensverzichten, Preisen und Landrechten. Am Dienstag unterzeichnete der Gouverneur von Kansas, Jeff Colyer, eine Dürre-Erklärung für alle 105 Gemeinden im Bundesstaat Kansas; und ebenfalls am Dienstag erklärte die südafrikanische Regierung, dass die Dürre, die Kapstadt und andere Teile des Landes heimsucht, eine nationale Katastrophe ist.
Dies sind nur ein paar Fakten zu den zunehmenden Problemen der Wasserversorgung auf der ganzen Welt, wobei Kapstadt einer der schwerwiegendsten Fälle ist. Abgesehen von den offensichtlichen Problemen des Klimawandels, von denen Dürre eine Bedrohung für Grünflächen und Wildtiere, für die lokale Wirtschaft und den Tourismus darstellt, besteht die noch offensichtlichere Gefahr für Landwirtschaft sowie für Gesundheit und Hygiene. Im dritten Dürre-Jahr in Folge ist der Wasserverbrauch der Einwohner von Kapstadt auf 50 Liter pro Tag begrenzt worden und der Tag “Zero“, der Zeitpunkt, wenn die Wasserversorgung so niedrig sein wird, dass für drei Viertel der Bevölkerung das Wasser abgeschaltet werden wird, wird am 9.Juli diesen Jahres erwartet.
Obwohl Dürreperioden ein natürliches Phänomen der Westlichen Kap Provinz sind, hat der Klimawandel die Bedingungen für die Bewohner dieser Region weiter verschärft und es wird allgemein angenommen, dass der Klimawandel eine Hauptrolle bei der Zerstörung spielt. Während die globale Erwärmung bereits zu extremen Bedingungen in dieser Region und darüber hinaus geführt hat, unterstreichen Wissenschaftler die Notwendigkeit, dass sich die Menschen an diese neue Realität anpassen müssen, da sich die Temperaturen beispielsweise im Westlichen Kap innerhalb der nächsten Dekade voraussichtlich um 0,25°C erhöhen werden. Allein diese Tatsache bedeutet, dass sich die Wahrscheinlichkeit einer Dürre auf das Siebenfache erhöht und Auswirkungen auf den Gesundheitszustand, die sanitären Bedingungen sowie die Ernährungsunsicherheit in der Region hat.
Ein merkwürdiger Akteur ist im Westlichen Kap zur „Rettung“ gekommen. Die Coca-Cola Peninsula Beverages, in Partnerschaft mit der Coca-Cola Stiftung, versucht, während der Wasserkrise Millionen von Litern kostenloses “aufbereitetes Wasser“ in recycelbaren 2-Liter-PET-Flaschen mit der Aufschrift „Nicht zum Wiederverkauf“ für das Westkap und die Stadt Kapstadt bereitzustellen. Südafrika ist das einzige Land der Welt, in dessen Verfassung das Recht auf Wasser garantiert wird, aber dieses Recht wird Millionen von Einwohnern des Landes verweigert. Im Westkap und anderen Provinzen sind über 1 Millionen Menschen von Wasserknappheit und Wasserrestriktionen betroffen, viele müssen Dutzende Kilometer zurücklegen, um Trinkwasser zu beziehen. Somit ist die Wahrung der verfassungsmäßigen Wassergarantie Südafrikas für viele besonders wichtig geworden.
Anfang der 2000er Jahre wurden die Townships um die Städte Johannesburg und Durban politisch mobilisiert, gegen die Privatisierung von Wasser zu protestieren, da damals über 10 Millionen Einwohner, durch das von der Weltbank initiierte „Kostendeckungs“-Programm, von der Wasserversorgung abgeschnitten wurden. Dieses Programm machte die Verfügbarkeit von Wasser davon abhängig, dass ein Unternehmen seine Kosten zuzüglich eines Gewinns deckt. Mehr als 100.000 Menschen in der Provinz Kwazulu-Natal erkrankten an Cholera, nachdem lokale Gemeinden wegen Nichtzahlung von der Wasserversorgung abgeschnitten wurden.
In ihrem brillanten Exposé („Wem gehört Wasser?“) über die Situation in Südafrika und darüber hinaus, geben Maude Barlow und Tony Clarke eine vernichtende Erklärung ab für das, was 2002 auf dem Spiel stand und die Situation ist heute viel schlimmer geworden. Sie identifizieren die zehn größten Konzerne, die mit Trinkwasser Geld verdienen, angefangen mit den französischen Unternehmen Vivendi Universal SA und Suez SA, die sie als „General Motors und Ford der globalen Wasserindustrie“ bezeichnen. Barlow und Clarke beschreiben diese und andere Unternehmen:
“sie beliefern mehr als 200 Millionen Kunden in 150 Ländern mit privaten Wasser- und Abwasserdienstleistungen und befinden sich mit anderen Unternehmen wie Bouygues Saur, RWE-Thames Water und Bechtel-United Utilities in einem Rennen um die Expansion in alle Teile der Welt.“ In den Vereinigten Staaten operiert Vivendi über ihre Tochtergesellschaft USFilter; Suez über ihre Tochtergesellschaft United Water; und RWE über American Water Works.
Aber was ist mit der Weltbank und ihren „Kostendeckungsprogrammen“? Funktionieren die nicht? Die kurze Antwort lautet – ja, sie funktionieren, indem sie die Kassen der Weltbank und des IWF füllen, während die armen Länder weiterhin ärmer werden, und Barlow und Clarke führen hierzu aus:
Sie (die Konzerne -Anmerk.d.Übersetzer) werden von der Weltbank und dem IWF unterstützt, indem die Länder der Dritten Welt zunehmend dazu gezwungen werden, ihre öffentlichen Wasserversorgungssysteme aufzugeben und Verträge mit den Wassergiganten abzuschließen, um für einen Schuldenerlass in Frage zu kommen. Die Performance dieser Unternehmen in Europa und den Entwicklungsländern ist gut dokumentiert: riesige Gewinne, höhere Preise für Wasser, Abschaltung für Kunden, die nicht zahlen können, keine Transparenz ihrer Geschäfte, geringere Wasserqualität, Bestechung und Korruption.
In einem Land, in dem die Minderheit der weißen Landwirte (sechshunderttausend) 60 Prozent der Wasserversorgung des Landes für die Bewässerung verbraucht, ist es nicht verwunderlich, dass die 15 Millionen schwarzen Bürger des Landes keinen direkten Zugang zu Wasser haben. Gewerkschaftsverbände wie die South African Municipal Workers Union haben mit Aktivisten der Townships zusammen gearbeitet, um Nachbarschaftsaktionen zu organisieren, bei denen die Bürger selber Wasseranschlüsse verlegen und Wasserzähler herausreißen. Das Unrecht der Unternehmen in ausländischem Besitz, die nach Südafrika kommen, wird angegangen, aber viel zu langsam, da das Wasser der Bevölkerung gesperrt wird, selten jedoch das Wasser der weißen Südafrikaner.
So ist das Leben im einundzwanzigsten Jahrhundert, wo Regierungen die Kontrolle über ihre Wasserversorgung verloren haben, durch frühere Handelsabkommen wie NAFTA (Nordamerikanisches Freihandelsabkommen) oder den später gescheiterten Versuch, die Freihandelszone Amerikas (FTAA) zu schaffen und auch durch die Welthandelsorganisation (WHO).
Angesichts des derzeitigen Dürrezustands wird immer deutlicher, wer Zugang zu Wasser hat und wer nicht. Und trotz unseres Wunsches, diese Probleme „in den Griff zu bekommen“, mittels Hackathons in der Wüste von Nevada oder durch Regulierung mit Computerized Maintenance Management Systems (CMMS), mit dem Trockenheit strukturell bekämpft werden kann, ist es so, dass es eine mächtige neo-koloniale Kontrolle über die ernstlich von Dürre betroffenen Gebiete der Welt gibt. Und eine Horde weißer, westlicher Institutionen macht Profit mit dem Tod und der Not von dunkelhäutigen Menschen. So ist es natürlich nicht verwunderlich, dass weiße Südafrikaner Coca-Cola die Verantwortung für die Wasserversorgung übertragen.
Springen wir über den Indischen Ozean zum indischen Bundesstaat Tamil Nadu, wo sich in den letzten Jahren eine ähnliche Geschichte entwickelte. Die Inder protestieren gegen den Zustand der Dürre, der von Pepsi-Cola und Coca-Cola, die die lokalen Wasserressourcen aufgebraucht haben, herbei geführt wurde. Amit Srivastava, Direktor der ökologischen NGO India Resource Center, schätzt, dass man 1,9 Liter Wasser braucht, nur um eine kleine Flasche Coca-Cola herzustellen, wenn man den Faktor Zucker weglässt. Der Anbau von Zuckerrohr verbraucht sehr viel Wasser und Coca-Cola ist der größte Abnehmer von Zuckerrohr, Pepsi-Cola ist die Nummer drei. Wenn man das Wasser für die Herstellung aller Zutaten in Pepsi-Cola oder Coca-Cola berücksichtigt, braucht man tatsächlich 400 Liter Wasser, um eine Flasche Cola herzustellen.
Die Protestbewegung gegen kohlensäurehaltige Getränke in Tamil Nadu, konnte im März 2017 in Fahrt kommen, als der Oberste Gerichtshof den Antrag ablehnte, die Verwendung von Wasser aus dem Fluss Thamarrabarani, mit dem Coca-Cola und Pepsi-Cola produzierten, zu verbieten. Diese Ablehnung machte eine frühere einstweilige Verfügung eines Gerichts im November 2016 effektiv zunichte. Die Petition brachte Einwände dagegen vor, dass Tausende von Bauern in Tamil Nadu unter Wasserknappheit und Trockenheit leiden, während die beiden Unternehmen das Flusswasser für ihre kommerziellen Gewinne frei nutzen. Zufällig fiel die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Frühjahr 2017 mit einem im Januar 2017 erteilten Verbot von Jallikattu, einer lokalen Form des Stierkampfes, zusammen. Die Dynamik dieser beiden Gerichtsentscheidungen führte zu einem wiederbelebten Massenprotest gegen Coca-Cola und Pepsi-Cola. Und im März 2017 beschlossen Einzelhändler im Bundesstaat Kerala den Verkauf von Sprudelgetränken zu stoppen.
Im Jahr 1999 gründete Coca-Cola eine Abfüllanlage im Dorf Kaladera in Rajasthan, einem Wüstenstaat, in dem die Landwirte für den Anbau ihrer Feldfrüchte auf Grundwasser angewiesen sind. Seit dieser Zeit sind diese Bauern mit einem starken Rückgang der Wasserstände konfrontiert, wodurch die Bewässerung von Feldern und die Versorgung von Nutzpflanzen nahezu unmöglich ist. Offizielle Dokumente des Ministeriums für Wasserwirtschaft belegen, dass die Wasserstände von 1995 bis 2000 konstant geblieben sind: „Laut Daten des Rajasthan Groundwater Department, sank der Grundwasserspiegel in Kaladera in den 16 Jahren ab 1984 von 13 auf 42 Fuß, also durchschnittlich 1,81 Fuß pro Jahr. Aber in den Jahren von 2000 bis 2011 sank der Grundwasserspiegel drastisch von 42 auf 131 Fuß, mit einer Geschwindigkeit von 8,9 Fuß pro Jahr.“
Indien und Südafrika sind nicht die einzigen Betroffenen von der Usurpation öffentlicher Ressourcen für den privaten Sektor. In San Felipe Ecatepec, im Bundesstaat Chiapas werden durch eine von FEMSA betriebene Coca-Cola-Fabrik die Brunnen ausgetrocknet, was die Bevölkerung dazu zwingt Wasserflaschen zu kaufen. Es wird berichtet, dass diese Abfüllanlage „mehr als eine Million Liter Wasser pro Tag verbraucht“. Die FEMSA behauptet, sich „für nachhaltige Entwicklung, ihre Mitarbeiter, die Gemeinschaft und die Umwelt zu engagieren“, nur sieht man wenig, was dies belegen würde. In Brasilien, Guatemala, Kolumbien und Mexiko wird PepsiCo mit ähnlichen Kritikpunkten, nämlich die Wasserressourcen in diesen Gebieten zu erschöpfen, konfrontiert.
Sowohl Pepsi-Cola als auch Coca-Cola streben ein sauberes Image in der öffentlichen Meinung an, der Großteil ihrer Behauptungen sind jedoch Theater. Obwohl Coca-Cola behauptet, das aus dem Boden entnommene Wasser wieder aufzufüllen, ist es eine Tatsache, dass das Wasser nie an der Quelle der ursprünglichen Entnahme ersetzt wird. Doch so sehr diese Unternehmen auch versuchen, ihr Image aufzupolieren und „grün“ einzufärben, werden sie es niemals schaffen eine Bevölkerung für sich zu gewinnen, deren Wasser sie stehlen, um es ihnen dann zu verkaufen. So hat zum Beispiel die East African Bottling Company aus Äthiopien „Dasani“ auf den Markt gebracht, ein alter immer wiederholter Trick: Coca Cola besitzt Dasani.
Im Jahr 2017 erlebten 81 Millionen Menschen in der Welt eine ernsthafte Ernährungsunsicherheit bzw. -knappheit. Etwa 80 Prozent der Betroffenen leben in Afrika. Die reale Nahrungsmittel- und Wasserknappheit kann angegangen und berichtigt werden, aber wir können nichts unternehmen, wenn unsere Gesellschaften nicht die Notwendigkeit erkennen, zu verstehen, dass Privatisierung und der Missbrauch öffentlicher Ressourcen dazu beitragen bzw. die Bedingungen für Dürresituationen schaffen. Das menschlichen Zutun, das zuverlässig zu der Gefahr von Hunger und Durst in Ländern wie Äthiopien, Somalia, Jemen, Nigeria und Südsudan führt, ist, obwohl ausgeprägter, emblematisch für das, was in Südafrika, Indien, Mexiko und darüber hinaus geschieht.
Die Konzerne usurpieren öffentliche Ressourcen und wir müssen jetzt eine globale Wasserkonvention unterstützen, wie die vorgeschlagene Vertragsinitiative: „Die globalen Wassergemeinden teilen und schützen“ , verfasst von Maude Barlow und Jeremy Rifkin, um das Recht auf Zugang zu Wasser zu sichern. Es gibt auch andere Vorschläge für eine globale Wasserkonvention ähnlich der Vorlage, die Barlow und Clarke in ihrem Nation-Artikel von 2002 vorgeschlagen haben. Bislang konnten viele Menschen auf der ganzen Welt noch nicht für ein gesetzliches Dekret, das die gemeinsame Nutzung von Wasserressourcen und das Ende der Übergriffe auf öffentliche Ressourcen durch Unternehmen fordert, mobilisiert werden.
Da Wasser das wertvollste Gut des 21. Jahrhunderts ist, müssen wir schnell handeln, um sicherzustellen, dass die begrenzte Ressource Wasser nicht zu der begrenzten Ressource Leben wird.
Photo by woodleywonderworks | CC BY 2.0
Quelle: https://www.counterpunch.org/2018/03/20/the-privatization-of-water-and-the-impoverishment-of-the-global-south/
Übersetzt für freiesicht.org