“Die Klage eines Leiharbeitnehmers gegen seinen früheren Arbeitgeber auf Zahlung von Equal Pay wurde von der 7. Kammer des Arbeitsgerichts Gießen abgewiesen. (…) Er macht geltend, die Vergütung auf der Grundlage der auf sein Arbeitsverhältnis anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen bleibe in einem Maße hinter der aufgrund der Tarifverträge in der Metall- und Elektrobranche zu zahlenden Vergütung zurück, dass jedenfalls bei gebotener richtlinienkonformer Auslegung der Tariföffnungsklausel in § 8 Abs. 2 S. 1 AÜG die Abweichung des Lohns hiervon nicht gedeckt sei. Er habe daher einen Anspruch auf Vergütung nach den in der Metall- und Elektrobranche geltenden Regelungen. Dieser Auffassung folgt die zuständige Kammer nicht. Durch die Tarifverträge der Leiharbeitsbranche, abgeschlossen zwischen dem Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP) und der DGB-Tarifgemeinschaft, i.V.m. dem Branchenzuschlagstarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie wird in zulässiger Weise vom Grundsatz des Equal Pay abgewichen…” Pressemitteilung vom 14.02.2018 von und beim ArbG Gießen : “Leiharbeitnehmer scheitert mit Klage auf Equal Pay” zum Urteil vom 14.02.2018, Az. 7 Ca 246/17. Ausführliche Bewertung und evtl. eine Berufungsentscheidung werden folgen
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- Erster Klagetermin auf Equal Pay am 24. Januar in Gießen gegen Randstad: Urteil am 14. Februar
Der Verkündungstermin der Klage auf Equal Pay gegen Randstad in Gießen ist vom Arbeitsgericht Gießen für Mittwoch, den 14. Februar ab 9.00 (erneut öffentlich) angesetzt worden. Es wird spannend, denn Randstad hat überraschend auf ein Vergleichsangebot verzichtet, da das Unternehmen den gesetzlichen Rahmen befolgt habe… Das Gericht befasst sich offensichtlich intensiv mit dem Fall, denn in der Arbeitsgerichtsbarkeit werden die Urteile in der Regel am Ende des Sitzungstags verkündet. - Die Klage auf Gleichbehandlung mit Stammarbeitskräften (Equal Pay) gegen den großen Verleiher Randstad wird am Mittwoch, den 24.1. ab 9:00 Uhr vor dem Arbeitsgericht Gießen (35392 Gießen, Aulweg 45) verhandelt. Kollege S. freut sich auf Unterstützung und wird sie auf jeden Fall durch Mag Wompel bekommen (wir werden per twitter berichten (@labournet_de)!
- Erster Klagetermin auf Equal Pay am 24. Januar in Gießen gegen Randstad: Urteil am 14. Februar
- Zwischenbericht von Prof. Wolfgang Däubler: Die Leiharbeitskampagne – oder: die Mühen der Ebene
“Seit Mitte Mai, seit der Sendung über Leiharbeit in „Die Anstalt“ habe ich über 500 Mails bekommen. In den ersten Tagen waren es besonders viele, doch Anfragen gibt es auch heute noch. Die meisten Zusendungen waren in einem anderen Stil geschrieben als ich ihn von Betriebsräten und Arbeitnehmern gewohnt bin. In jeder zweiten Mail war von „Ausbeutung“ und „Sklavenhaltersystem“ die Rede. Man sei von allen verraten und verkauft worden, die Gewerkschaften eingeschlossen. Auch bei anderen war die Wut mit Händen zu greifen. (…) Sehr viele Einsender gingen davon aus, es gebe schon eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof, der man sich anschließen könne. Das war ersichtlich nicht der Fall. Auch ist etwas Derartiges in der Prozessordnung nicht vorgesehen. Der Einzelne muss seinen Verleiher verklagen, um Equal Pay, gleichen Lohn wie die Stammarbeitnehmer, zu bekommen. Der juristische Weg dorthin ist im Grunde gar nicht kompliziert (…) Die Leiharbeitstarife weichen von dem, was ohne sie gelten würde, nur zu Lasten der Leiharbeitnehmer ab. Etwas Derartiges kann auch ein höchst wohlwollender Beobachter nicht mehr als Wahrung des „Gesamtschutzes“ ansehen. Also haben die Tarifverträge ihren Ermächtigungsrahmen überschritten und sind deshalb unwirksam. Der einzelne Leiharbeitnehmer kann gleiche Bezahlung wie ein Stammarbeitnehmer verlangen. (…) Im Juni und Juli 2017 hatte ich insgesamt etwa 25 Leiharbeitnehmer zusammen, die zum Anwalt gehen und einen Prozess wagen wollten. (…) Nur ungefähr die Hälfte hatte sich tatsächlich gemeldet. Die andere Hälfte war „abgängig“. Ich schrieb diese zweite Hälfte an und fragte, weshalb sie sich nicht an den Anwalt gewandt hätten; „wir waren doch anders verblieben.“ Die meisten haben geantwortet, manche ausweichend („keine Zeit“), manche hatten schlicht Angst. (…) Bei der anderen Hälfte der Mandanten gab es viele inhaltliche Probleme…” Zwischenbericht von Wolfgang Däubler vom Januar 2018 - Wir eruieren gerade bei den kooperierenden Anwälten den Stand der Klagevorbereitungen und werden demnächst berichten!
- Es sind mittlerweile über 500 Zuschriften eingegangen und über 20 Klagen erwogen.
- Wir erinnern in diesem Zusammenhang an die Spendenkampagne für die Klagen und danken allen, die bereits gespendet haben! Wir danken für die mitterweile über 10 Tausend Euro Spenden! Bitte das Spendenkonto beachten und verbreiten: Labournet e.V., GLS Bank, IBAN DE76430609674033739600, Betreff: EuGH-Klage
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- Prof. Wolfgang Däubler spricht über die Klage-Kampagne und “Lohndumping und Ungleichbehandlung trotz neuem Gesetz zur Leiharbeit”
“Trotz sehr guter wirtschaftlicher Lage gibt es in Deutschland immer mehr Leiharbeiter und -arbeiterinnen. Laut Angaben der Bundesagentur für Arbeit sind hierzulande knapp eine Million Menschen bei Zeitarbeitsfirmen beschäftigt und werden als Leiharbeitende an Betriebe abgegeben. Für die Betriebe liegt der Vorteil darin, dass sie dadurch ihren Personalbedarf schnell und flexibel an die Auftragslage anpassen können. Doch wohl kaum eine Form von Arbeit ist so prekär und unfair geregelt: Gewerkschaften kritisieren das geringere Lohnniveau und die mangelnde Beschäftigungssituation der Leiharbeiter und -arbeiterinnen. Seit Anfang April greift nun ein neues Gesetz zur Regulierung der Leiharbeit. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Darin werden die Zeiten neu geregelt, wann Betriebe Leiharbeiter und -arbeiterinnen übernehmen müssen. Auch das Prinzip Gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit soll durch das Gesetz besser durchgesetzt werden. So gut das erstmal klingt, das Gesetz manifestiert die Ungleichbehandlung von Leiharbeitern und -arbeiterinnen gegenüber Festangestellten nur weiter. Kritik an dem Gesetz kommt vom Labournet – und dem Arbeitsrechtler des Labournets Prof. Wolfgang Däubler. Mit ihm sprachen wir über die neuen Regelungen zur Leiharbeit.” Interview vom 31.05.2017 bei Radio corax, Halle dokumentiert beim Audioportal Freier Radios. Prof. Wolfgang Däubler spricht darin auch ausführlich über das geplante Vorgehen in unserer Klage-Kampage.
- Machen Sie bitte ANSTALTen … und unterstützen Sie mit SPENDEN die KLAGEN VON LEIHARBEITERN bis vor den Europäischen Gerichtshof
“Die ZDF-Kabarettsendung DIE ANSTALT vom 16. Mai 2017 setzte sich kritisch mit dem Thema Leiharbeit auseinander. (…) UND DANN … erreichten den bekannten Juristen für Deutsches und Europäisches Arbeitsrecht Professor Wolfgang Däubler in kürzester Zeit unter der angegebenen E-Mail-Adresse prof.daeubler@labournet.de weit über 500 E-Mails von betroffenen Leiharbeitern. Viele von ihnen boten ihre Unterstützung an, die meisten äußerten ihre ernsthafte Klageabsicht. Oft enthielten die Mails erschütternde Darstellungen der Arbeits- und Lebensbedingungen. Mit vielen Betroffenen findet noch die Klärung der notwendigen rechtlichen Bedingungen für eine erfolgversprechende Klage statt, doch bereits jetzt zeichnet sich ab, dass über zehn Klageverfahren zustande kommen werden. ABER … Wie zu erwarten war, benötigen fast alle von Leiharbeit betroffenen Klägerinnen und Kläger dabei finanzielle Unterstützung, weswegen wir dringend um SPENDEN bitten. Hierzu wurde – in Absprache mit Professor Däubler – von dem gemeinnützigen Verein Labournet.de e.V. unter dem Betreff EUGH-KLAGE ein besonderes Spendenkonto eingerichtet: GLS Bank, Konto 40337 39600, Bankleitzahl: 43060967, IBAN DE76 4306 0967 4033 7396 00, BIC: GENODEM1GLS, Betreff: EUGH-KLAGE
Für den unwahrscheinlichen Fall, dass mehr Spenden eingehen sollten, als letztlich insgesamt für die Klagen benötigt werden, werden die restlichen Spendengelder – öffentlich dokumentiert – für weitere Aufklärung und Kampagnen zum Thema Leiharbeit eingesetzt…” Zwischenstand und Spendenaufruf vom 27.5.2017 – aktualisiert am 28.5.2017 – bitte gern auch zum Ausdrucken und Verbreiten! Schon 10 Tausend Euro Spenden für die Klagen eingegangen! Wir danken herzlichst, bitten aber weiterhin um Verbreitung des Spendenaufrufs!
- Die Rahmenbedingungen einer Klage sind die folgenden:
Die Gleichbehandlung von Leiharbeitnehmern mit Stammkräften kann derzeit nur mit Hilfe der Gerichte durchgesetzt werden. Notwendig ist dabei, dass der einzelne Leiharbeitnehmer Klage gegen den Verleiher erhebt, bei dem er aktuell beschäftigt ist oder bei dem er bis vor kurzem beschäftigt war.
Für diese Klage ist das Arbeitsgericht am „Einsatzort“ des Leiharbeitnehmers zuständig. Beim Arbeitsgericht wird dann ein Antrag gestellt, das Verfahren auszusetzen und den Europäischen Gerichtshof (EuGH) einzuschalten. Dem wird voraussichtlich in vielen Fällen stattgegeben. Der EuGH wird dann mit hoher Wahrscheinlichkeit feststellen, dass der „Gesamtschutz“ der Leiharbeitnehmer durch die Leiharbeitstarife nicht beachtet ist. Sobald ein entsprechendes Urteil ergangen ist, werden die anderen anhängigen Verfahren voraussichtlich nicht weitergeführt, sondern im Sinne der Entscheidung des EuGH „bereinigt“, d. h. die Leiharbeitnehmer bekommen ihr Geld. Von einer “Sammelklage” kann nur insoweit die Rede sein, dass eine Vielzahl von Personen aktiv wird, was die Aufmerksamkeit der Gerichte wie der Öffentlichkeit auf sich zieht.
Wir können bei der Vermittlung engagierter örtlicher Anwälte helfen und planen – sobald die Klagen konkret werden – eine Spendenkampagne
- Klagevorschlag von Prof. Wolfgang Däubler (kurzer Überblick)
“Ein Leiharbeitnehmer, der nach einem DGB-Leiharbeit-Tarif vergütet wurde, macht bei seinem früheren Leiharbeitgeber »gleiche Bezahlung wie eine vergleichbare Stammkraft« (also Equal Pay) geltend und klagt die Differenz zu seinem bisherigen niedrigeren Lohn ein. Begründung: Weil die Tarife wegen Überschreitung der Ermächtigungsgrundlage (Erläuterung siehe unten) unwirksam sind, steht ihm »Equal Pay« zu.
Das Arbeitsgericht überprüft dann, ob dies zutrifft und die Tarife wirklich unwirksam sind. Das einzige Problem liegt darin, Leiharbeitnehmer zu finden, die Klage erheben; bisher scheint die Angst zu dominieren, in dieser Branche nie mehr einen Arbeitsplatz zu bekommen, wenn man sich zu einem solchen Schritt entschließt.
Die EU-Richtlinie sieht eine Abweichung durch Tarifvertrag vor, was auch den Fall einschließt, dass der Arbeitnehmer kein Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft ist. In diesem Fall genügt eine Bezugnahme auf eine entsprechenden Tarif im Arbeitsvertrag.
Nun unterscheidet sich aber das EU-Recht in einem wichtigen Punkt vom deutschen: Der sogenannte »Gesamtschutz« des Leiharbeitnehmers darf durch die Leiharbeitstarifverträge nicht verschlechtert werden. Was das im Einzelnen bedeutet, ist schwer zu sagen, aber vom selben »Gesamtschutz« kann jedenfalls dann nicht mehr die Rede sein, wenn der Leiharbeitstarif 40 Prozent unter dem Stammarbeitstarif liegt.
Man kann nur gerichtliche Verfahren anstrengen, die sich im Wesentlichen auf die oben genannten Argumente stützen: Die Leiharbeitstarife gehen über die Ermächtigung im Arbeitnehmer-Überlassungsgesetz (AÜG) hinaus, und sie verstoßen außerdem gegen die EU-rechtliche Vorgabe, den »Gesamtschutz« nicht anzutasten.”
- Siehe dazu im LabourNet-Archiv: Verstand ist stets bei Wenigen nur gewesen. Ein Interview mit Prof. Wolfgang Däubler zu einer Klagemöglichkeit vor dem Europäischen Gerichtshof, erschienen im express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 2/2012:
“… Das ist eigentlich ganz einfach. Ein Leiharbeitnehmer, der nach einem DGB-Tarif vergütet wurde, macht »gleiche Bezahlung wie eine vergleichbare Stammkraft« (also Equal Pay) geltend und klagt die Differenz zu seinem bisherigen niedrigeren Lohn ein. Begründung: Weil die Tarife wegen Überschreitung der Ermächtigungsgrundlage unwirksam sind, steht ihm »Equal Pay« zu. Das Gericht überprüft dann, ob dies zutrifft und die Tarife wirklich unwirksam sind. Das einzige Problem liegt darin, Leiharbeitnehmer zu finden, die Klage erheben; bisher scheint die Angst zu dominieren, in dieser Branche nie mehr einen Arbeitsplatz zu bekommen, wenn man sich zu einem solchen Schritt entschließt. (…) Die EU-Richtlinie sieht eine Abweichung durch Tarifvertrag vor, was auch den Fall einschließt, dass der Arbeitnehmer kein Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft ist. In diesem Fall genügt eine Bezugnahme im Arbeitsvertrag. Allerdings unterscheidet sich das EU-Recht in einem wichtigen Punkt vom deutschen: Der »Gesamtschutz« des Leiharbeitnehmers darf durch die Tarifverträge nicht verschlechtert werden. Was das im Einzelnen bedeutet, ist schwer zu sagen, aber vom selben »Gesamtschutz« kann jedenfalls dann nicht mehr die Rede sein, wenn der Leiharbeitstarif 40 Prozent unter dem Stammarbeitstarif liegt. (…) Man kann nur gerichtliche Verfahren anstrengen, die sich auf die oben genannten Argumente stützen: Die Leiharbeitstarife gehen über die Ermächtigung im AÜG hinaus, und sie verstoßen außerdem gegen die EU-rechtliche Vorgabe, den »Gesamtschutz« nicht anzutasten. Das ist – verglichen mit einer neuen tarifpolitischen Willensbildung in den Gewerkschaften – sogar der sehr viel einfachere Weg…”
Quelle: http://www.labournet.de/politik/alltag/leiharbeit/arbed_leiharbeit/die-anstalt-prof-wolfgang-daeubler-und-labournet-germany-gesucht-leiharbeiterinnen-fuer-eine-klage-vor-dem-eugh-fuer-gleichen-lohn-und-gleiche-bedingungen-auch-in-deutschland/