Bogotá. In der entscheidenden Stichwahl ist am gestrigen Sonntag der rechtskonservative Kandidat Iván Duque zum neuen Präsidenten von Kolumbien gewählt worden. Er setzte sich mit einem Vorsprung von rund zehn Prozent gegen den linksgerichteten Kandidaten Gustavo Petro durch.
Duque konnte 53,9 Prozent der Wahlzettel für sich verbuchen, Petro 41,9 Prozent. Damit entfielen auf den Sieger rund zwei Millionen Stimmen mehr, von denen er über 1,5 Millionen Stimmen im Teilstaat Antioquia holte. Petro gewann in der Hauptstadt Bogotá, den armen Departments der Pazifikregion, Nariño, Cauca, Valle de Cauca und Chocó, sowie in Putumayo, Vaupes und den Karibikdepartments Sucre und Atlántico. Neben Bogotá gewann der linke Kandidat auch in den Provinzhauptstädten Barranquilla, Cartagena, Popayán, Quibdó, Riohacha, Santa Marta, Pasto, Mocoa und Cali.
Von den rund 36 Millionen Wahlberechtigten gaben knapp 53 Prozent ihre Stimme ab. Diese Beteiligung ist für Kolumbien gewöhnlich. Rund 1,4 Millionen Auslandskolumbianer waren ebenfalls zur Wahl aufgerufen, von denen nur 17 Prozent ihr Kreuz machten.
Der Wahlkampf hatte das Land monatelang politisch polarisiert. Besonders der Umstand, dass ein linker Kandidat es in die zweite Runde einer Präsidentschaftswahl geschafft hatte, rief auf der einen Seite Jubel und auf der anderen Seite Panik hervor. Im öffentlichen Raum kam es in den vergangenen Wochen immer wieder zu Sprechchören. Vor Konzerten oder selbst bei sonntäglichen Kirchgängen skandierten Menschen „Petro, Petro“ oder „Mein Präsident heißt Petro“. Linke Intellektuelle, wie nicht zuletzt Noam Chomsky, hatten ihre Unterstützung für das ehemalige Mitglied der Guerillaorganisation M-19 zugesagt.
Die traditionell rechte Oberschicht in Kolumbien konnte dennoch ausreichend Wähler für Duque mobilisieren. Der mit 41 Jahren nun jüngste Präsident des Landes gilt in kritischen Kreisen als „Marionette“ des ehemaligen Präsidenten Álvaro Uribe und ist erklärter Gegner der Friedensabkommen. Auch wenn er seine Worte im Laufe des Wahlkampfes immer mehr gemäßigt hatte, wird nun erneut eine „Politik der harten Hand“ gefürchtet. Auch für die linke parlamentarische Opposition könnte dieses Wahlergebnis eine drastische Zunahme der Repression bedeuten.
Duque hatte mehrfach angekündigt, die Friedensverhandlung mit der ELN in Havanna abzubrechen, sollte diese die Bedingungen nicht erfüllen, die er voraussetzt. Das Abkommen mit der Farc werde er auf ein Minimum zurückfahren und viele Amnestien für ehemalige Farc-Kämpfer zurücknehmen.
Das südamerikanische Land ist nach diesem Wahlausgang stark gespalten zwischen einer erneut erstarkten Rechten, zu der auch Paramilitärs und rechtsextreme Uribisten gehören, und der neu erwachten politischen Linken auf der anderen Seite, angeführt von Petro und der Bewegung Colombia Humana.
Erste Reaktionen aus dem Lager der Linken am Abend des Wahlsonntag haben die Erfolge der Kampagne hervorgehoben. Die Linke war nach vielen Spaltungen erneut geeint für einen Kandidaten eingetreten. Rund acht Millionen Menschen haben sich dazu bekannt, einen Wandel für Kolumbien und ein Ende der immer gleichen Zwei-Parteien-Politik zu fordern. Petro selbst twitterte noch am Wahlabend: „Welche Niederlage? Acht Millionen freie Kolumbianer haben sich erhoben. Ich sehe keine Niederlage, auch wenn wir vorerst nicht die Regierung stellen.“
In einer Botschaft an seine Unterstützer sagte Petro gestern Nacht im kolumbianischen Radio: „Danke dafür, nicht vor der Elite, dem Geld, der Macht niederzuknien. Danke dafür, weiter zu denken als an das eigene Wohlergehen.“ Zum Wahlausgang gab er zu Bedenken, dass der gemeinsam beschrittene Weg weitaus wichtiger sei als das Ergebnis.
Zum Verdacht des Wahlbetrug und Stimmkaufs werden die Wahlbehörde und die nationalen und internationalen Wahlbeobachter in den kommenden Tagen Stellung beziehen.
Auch bei den Parlamentswahlen im März ging Duques Partei Centro Democrático als stärkste Kraft hervor, so hat der neue Präsident nun auch eine Mehrheit der Abgeordneten hinter sich.
Für das Amt des Staatspräsidenten hatten sich in der ersten Wahlrunde am 27. Mai Duque für Centro Democrático mit rund 39 Prozent und der Petro vom Bündnis Colombia Humana mit 25 Prozent qualifiziert. Der grüne Politiker Sergio Fajardo schied mit rund 23 Prozent knapp hinter Petro aus. Der Verhandlungsführer der Friedensgespräche mit der ehemaligen Farc-Guerilla, Humberto de la Calle, sowie der Rechtsextreme Germán Vargas Lleras schieden mit unter fünf Prozent aus.