Französische Truppen landen in Gabun. Angespannte Lage nach Verfassungsänderung
Gut im Geschäft: Die Zentrale des französischen Erdölkonzerns Total in Gabuns Hauptstadt Libreville (22.3.2017)
Foto: Gerauds Wilfried Obangome /REUTERS
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Paris verstärkt die Präsenz seiner Armee im zentralafrikanischen Gabun. Am vergangenen Donnerstag landeten 110 Soldaten der französischen Armee in der Hauptstadt Libreville. Ein Sprecher der französischen Militärstützpunkts »Camp de Gaulle« wies gegenüber dem Onlineportal Matin d’Afrique jedoch zurück, dass es sich um einen Ausbau der Präsenz handele. Es gehe um »eine Nachfolgemission. In dieser Zeit werden häufig Ablösungen vorgenommen«. Auf der Grundlage von Abkommen aus den Jahren 1960 und 2011 sind dauerhaft 900 französische Soldaten in Gabun stationiert.
Der tatsächliche Grund für das Manöver der Franzosen ist jedoch offenbar die derzeitige Vakanz des Präsidentenpostens. Die militärischen Kräfte, die jetzt in Gabun landeten, sind darauf trainiert, Aufstände der lokalen Bevölkerung zu unterdrücken. Sie patrouillieren durch die Straßen Librevilles und beziehen an strategischen Punkten Position.
Gabun ist der Dreh- und Angelpunkt französischer Interessen in Afrika. Die Stabilität des Landes gilt allerdings als bedroht, seit Präsident Ali-Ben Bongo Ondimba am 24. Oktober offenbar einen Schlaganfall erlitt und im Koma liegen soll. Der Sohn des 2009 verstorbenen Diktators Omar Bongo Ondimba wird derzeit im König-Faisal-Krankenhaus im saudiarabischen Riad behandelt. Vertraute sprechen von einer langsamen Erholung, während es in der Bevölkerung und in der Opposition Gerüchte gibt, dass der Staatschef bereits tot sei. Die Position des Präsidenten ist seither unbesetzt.
Die militärische Absicherung der Lage mit Hilfe Frankreichs geht einher mit einer politischen durch Vizepräsident Pierre-Claver Maganga Moussavou und der Vorsitzenden Richterin des gabunischen Verfassungsgerichts, Marie-Madeleine Mborantsuo. Am Mittwoch vergangener Woche fügte Mborantsuo auf Anfrage Moussavous der Verfassung des Landes einen Zusatzartikel hinzu. Dieser legt fest, dass der Vizepräsident die Vertretung des Staatschefs übernimmt – und nicht, wie eigentlich vorgesehen, die Präsidentin des Senats. Als Begründung für sein Vorpreschen hatte Moussavou angeführt, dass der Ministerrat einen Vorsitzenden benötige, um arbeitsfähig zu sein.
Die Opposition betont, dass die Verfassung bereits ausreichend Spielraum für Ausfälle des Präsidenten vorsieht. Im Falle einer Vakanz der Position, sei es durch Abdankung des Präsidenten, Tod oder gesundheitsbedingte Einschränkungen, müsse der Präsident des gabunischen Senats als Interimspräsident fungieren und eine Neuwahl innerhalb von 45 Tagen ansetzen. Mborantsou hielt es jetzt jedoch für notwendig, die Möglichkeit einer »vorübergehenden Nichtverfügbarkeit« hinzuzufügen. Problematisch ist daran vor allem die fehlende zeitliche Begrenzung für den Einsatz des Vizepräsidenten und die andauernde Unklarheit darüber, wann diese »vorübergehende« Nichtverfügbarkeit im Falle Ali Bongos beendet sein könnte. Jean Gaspard Ntoutoume Ayi von der oppositionellen »Nationalen Union« kritisierte dieses Vorgehen. Dem Onlineportal Coups Francs sagte er am Freitag: »Um die Verfassung zu ändern, ist ein Referendum notwendig oder das Zusammentreten des Parlaments. Das ist ein Putsch.«
Am Montag berichtete der Nachrichtensender Gabon Media Time von einer Generalversammlung der gabunischen Gewerkschaft »Dynamik der Einheit«. Dort wurde die unverzügliche Absetzung des gesamten Verfassungsgerichtes verlangt und die Bevölkerung zu Protesten aufgefordert.
Gabun ist eines der reichsten Länder Afrikas und versorgt Frankreich unter anderem mit Öl, Gas und Uran. Seit seiner Unabhängigkeit 1960 steht es unter dem Einfluss seiner ehemaligen Kolonialmacht, sei es durch bilaterale Militärverträge oder als Partner zum ökonomischen Vorteil Frankreichs. So hat Paris auch immer die Kontrolle darüber gehabt, wer an der Spitze des Staates stand. 1967 wählte Frankreich Omar Bongo als Nachfolger Léon Mbas aus, der ihn aus einem Pariser Krankenhaus als Vizepräsident einsetzte. 2009, als der langjährige Diktator starb, konnte sich sein Sohn Ali-Ben Bongo, unbehelligt von Frankreich unter dem damaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy, an die Spitze des Staates setzen. Obwohl es in Gabun und von internationalen Beobachtern scharfe Kritik an der Durchführung seiner Wahl gab, beurteilte der zuständige französische Staatssekretär für Kooperation, Alain Joyandet, die Abstimmung als rechtmäßig.
Quelle: https://www.jungewelt.de/artikel/344093.krise-in-gabun-paris-spielt-kolonialmacht.html