Die Verhinderung des Bürgerkriegs als eine dringende politische Aufgabe vor den Linken zu stellen, ist wie einen Kopfstand zu machen. Diese Feststellung ist gleichzeitig auch offen für die Festigung der Linie des „Vorsicht“, die ständig gegen das AKP / Palast- Regime zurücktritt. Die heutige Aufgabe der Volksopposition ist der Kampf gegen den Faschismus, und nicht der Kampf gegen den Bürgerkrieg
Die Bürgerkriegsdebatte flammte wieder auf, nachdem die Zivilisten aufgrund des Erlasses mit der Dekrete mit Gesetzeskraft (KHK)-Nummer 696 straffrei bleiben, die Anti-AKP-Aktionen zu unterdrücken hatten. Diese Debatte, die mit Erschrecken bei den Linken in der Türkei geführt wird, ist eine strategische Frage, die eine Aktualität beinhaltet, die natürlich auch eine Dimension in der Diskussion über den Staat und das Regime. Die Kontroverse über den Bürgerkrieg wird bei den Linken so diskutiert, als ob alles im Kopfstand ist. Warum das so ist, wollen wir hier darauf eingehen.
Unser friedliches Land ohne Bürgerkrieg
Der Bürgerkrieg ist ein Begriff, der zu einer Rhetorik in der Sprache der Vertreter des AKP / Palast-Regimes geworden ist. Als der Präsident einem Bürokrat von seinen Plänen für die Zukunft erzählte, sagte der Bürokrat: „Wenn Sie das alles tun, wird der Bürgerkrieg herauskommen.“ daraufhin der Präsident „Soll er kommen, wir werden ihn zerstampfen und da rübergehen“ Während des Referendums am 16. April, sagte ein AKP-Provinzpräsident, wenn aus dem Referendum nicht ein „Ja“ käme, würden wir einen Bürgerkrieg entfachen.
Die beiden oben genannten Bürgerkriegsdeklarationen unterschieden sich voneinander. Reis sagte, falls ein Aufstand (revolutionärer Bürgerkrieg) gegen die Etablierung einer Diktatur stattfindet, würden sie ihn zerstampfen. Während der Provinzpräsident sagte: „Wir werden einen Bürgerkrieg entfachen, wenn nicht passiert, was wir wollen.“
Ungefähr einen Monat nach den angeblich geäußerten Ansichten erlebte das Land den 15. Juli (Bürgerkrieg zwischen den Reaktionären) wobei Panzer sogar Flugzeuge eingesetzt waren und hunderte von Menschen getötet wurden. Ein interner Kampf der noch mit Folterungen, Inhaftierungen, Massenverhaftungen und mit Enteignung weitergeht.
Seit vierzig Jahren erlebt unser Land ein partieller/ regionaler Bürgerkrieg, der im Osten von Euphrat, teilweise aber auch im Westen mit verschiedener Intensität geführt wird. Trotz des „natürlichen“ Ergebnisses des Krieges wird der kurdisch-türkische Krieg (reaktionärer Bürgerkrieg) von niemandem riskiert werden.
Seit der Wahl am 7. Juni wissen wir nicht, wie viele Bomben in unseren „friedlichen“ Städten im Westen explodierten und explodieren werden.
Niemand weiß wie viele Hunderte von [1]HDP-Gebäuden in den friedlichen Städten des Westens mit faschistischen Terroroperationen niedergebrannt wurden und wie viele Gebäude der linken Institutionen „zufällig“ weggekommen sind. In Kobane- Revolte sterben 55 Menschen, aber wir vergessen sofort.
Während Gezi-Widerstand – im Juni-Aufstand sterben acht Menschen, tausende von Bürgern werden verletzt, aber wir vergessen.
Die reaktionäre / faschistische Angriffe auf Straßen und Universitäten gegen soziale Opposition, die in den letzten zweieinhalb Jahren stattgefunden haben, nehmen wir nicht wahr.
Nach dem Angriff auf Hatun Tuğluks Trauerfeier in Ankara Gölbaşı, die Mutter von Aysel Tuğluk (HDP) ist, irritiert uns das Erinnerungsfoto des Angreifers mit dem Innenminister. Aber wir erinnern uns sofort an die an die Polizeiwache, wo der Mörder von Hrant für sein Bruder posiert hat..
Bürgerkriegskontroverse in der sozialen Opposition
Der politische Prozess, der durch den „Frieden“ mit einem Waffenstillstand zwischen der PKK und dem Staat als Lösungsprozess herbeigeführt wurde, wobei durch ihm begleitenden Gezi-Widerstand / Juniaufstand und Kobanê-Rebellion eine partielle Atmosphäre der Freiheit geschaffen wurde, endete bei den Wahlen am 7. Juni mit der Niederlage der AKP/Regierundpartei .
Die klare Erkenntnis der AKP ist, dass die Atmosphäre des Friedens und der Freiheiten teilweise nicht für sich selbst funktionierte. Daher wurde die Aufbau einer sektiererischen faschistischen Diktatur, durch Massenkontrolle für Wahlen zu organisieren, nur im Kontext von Gewalt, Spannungen und Bürgerkrieg realisiert. Tatsächlich konnte sogar das Referendum vom 16. April, in dem die Unterdrückung gelockert wurde und die soziale Opposition funktionieren konnte, nur durch Diebstahl gerettet werden.
Die Kontroverse des gegenwärtigen Bürgerkriegs bei den Linken wird dadurch geprägt, dass die AKP / das Palast- Regime nicht ohne Bürgerkrieg ausgeht und sagt, dass ein Bürgerkrieg stattfinden wird, um seine Macht zu schützen.
Natürlich ist CHP die Hauptquelle dieses Bürgerkriegsdiskurses bei den Linken. Die politische Haltung der CHP ist, dass sie bei jedem harten Zug des Palastregimes dauernd zurücktritt um einen Bürgerkrieg zu vermeiden. Wir können viele Beispiele dafür aufführen.
Die Position bei den sozialistischen Linken unterscheidet sich nicht von der CHP. Die Erwartung/ die Kontroverse der gesamten Linken ist ein totaler Bürgerkrieg, der eines Tages plötzlich beginnen wird.
Aber die internen Kriege in Ländern wie der unseren, die wir in unserem Land und in der Welt gelehrt haben, erleben wir definitiv als Vertiefungsprozesse, die vom Widerstand der Opposition abhängen. Ein rascher sich vertiefender / weit verbreiteter Bürgerkrieg in Ländern wie dem unseren findet manchmal als dringliches Mittel für die imperialistischen Außeninterventionen statt, manchmal auch für die Oppositionsgewalt der Volksopposition und manchmal für die Machtprobleme der Herrschenden. Das ist es, was ich Ihnen über „friedliches Land ohne Bürgerkrieg“ sagen möchte.
Wenn die AKP heute keine totale Aggressions- und Vernichtungspolitik (totaler Bürgerkrieg) verfolgt, liegt es an der Fähigkeit, die Ursache der Volksopposition mit den Gewaltmitteln des Staates zu kontrollieren. Seit Jahrzehnten reicht es aus, mit den Anti-Terror Einheiten der Polizei eine auf Protest ausgerichtete und in einem offenen / demokratischen Bereich organisierte Linke zu unterdrücken.
Was bei der Vertiefung des Bürgerkriegs und der Aufbau einer reaktionären faschistischen Diktatur der AKP als umsichtig und unentschieden macht, sind die ethnischen und Klassenhindernisse. In unserem Land, wo etwa zwanzig Prozent der Bevölkerung Alewiten sind und es auch eine große Anzahl von Menschen mit säkularem Lebensstil gibt, ist es nach der Sunnitisch-islamischen Lehre schwierig, einen lebendigen und funktionierenden Staat und eine Gesellschaft nach dessen Regeln aufzubauen. Es ist auch nicht leicht, diese reaktionäre faschistische Diktatur zu etablieren / zu institutionalisieren, ohne den Widerstand des kurdischen Volkes, das zwanzig Prozent der Bevölkerung ausmacht, zu unterdrücken. Kurdischer Widerstand, [2]Gezi-Widerstand, die Möglichkeit der Vereinigung der Kurden und Türken die sich bei den Wahlen am 7. Juni zeigte, Gerechtigkeitsmärsche und Kundgebungen waren beängstigende Träume für die AKP.
Die AKP gestaltet den Stahlkern des Staates unter Berücksichtigung der Gründe für den Widerstand, den der Aufbau der Diktatur schaffen wird, so, dass der mit einem sich verschärfenden Bürgerkrieg umgehen kann,. Der AKP ist es egal, dass die Kommandantur der türkischen Streitkräfte zu halbieren, die ein Problem im zwischenstaatlichen Krieg sein könnte. Auch der Verlust eines Drittels der aktiven Soldaten. Er hat die Armee bereits als eine Bürgerkriegsarmee umorganisiert, und deshalb wurden die “ Meskûn Mahal Muharebe Okulu“ in den türkischen Streitkräften eröffnet. Dafür werden [3]SADATs, HÖH, [4]Osmanli Ocaklari organisiert.
Kampf gegen den Übergang zur faschistischen Diktatur
Der Faschismus ist ein Bürgerkrieg gegen die eigene Arbeiterklasse/Volk. In Ländern, die unter dem Faschismus und / oder Ländern im Umbruch leben, wird der Bürgerkrieg von den Herrschenden als Mittel benutzt, um den Widerstand der Bevölkerung gegen diesen Übergang / diese Institutionalisierung zu zerstören. Aus diesem Grund ist das Schlüsselkonzept der Kampf gegen den Faschismus und gegen den Übergang zur offenen faschistischen Diktatur, wenn die Linke die Diskussion führt, was heute zu tun ist.
Was bei den Linken diskutiert werden müsste, ist der Versuch, eine faschistische Diktatur zu verhindern, und wenn es nicht gelingt, einen Kampf um den Sturz der Diktatur zu führen. Wenn ein totaler Bürgerkrieg ausbrechen wird, wird es kein politischer Appell sein, den wir im Kampf gegen die Errichtung einer Diktatur bezeichnen würden, sondern als eine historische Notwendigkeit, auf die die Opposition zurückgreifen sollte.
Die Aufgabe der Volksopposition heute ist der Kampf gegen Faschismus / Diktatur, und nicht gegen den Bürgerkrieg. Die Verhinderung des Bürgerkriegs als unmittelbare politische Aufgabe vor den Linken zu stellen, ist wie ein Kopfstand zu machen. Diese Haltung ist auch n für eine Linie des „Vorsicht“, die ständig gegen das AKP / Palast- Regime zurücktritt.
Wenn wir über einen solchen totalen Bürgerkrieg diskutieren: „Gibt es einen Klassenkampf, der die Ausbeutung und Kolonisierung des Imperialismus durch die herrschenden Klassen bedroht? Oder ist es die Frage, ob eine Regierungspartei ihre eigenen subjektiven Interessen hat? „Die Frage nach dem Bürgerkrieg der AKP stammt nicht nur von uns, sondern auch als ein Problem innerhalb der Herrschenden. Ist die faschistische Diktaturinitiative und der Bürgerkrieg der AKP ein Klassenbedürfnis in Bezug auf die Oligarchie insgesamt?
Sicherlich ist die Fähigkeit, politisch und autonom gegenüber für den Staat zu handeln, in dem Maße möglich, in dem die politischen Akteure in den Fällen, in denen die besonderen Forderungen des Staates dies erfordern, in der Lage sind, die Interessen der herrschenden Klassen / des Imperialismus mit ihren eigenen Interessen in Einklang zu bringen. Kann die gegenwärtige strategische Hegemonie der Krise der USA, insbesondere mit der Subjektivität unserer Region, im taktischen Zentrum der AKP strategisch nachhaltig sein? Kann die AKP dies unter den derzeitigen Bedingungen ohne größere Probleme erreichen?
Anstelle einer Schlussfolgerung
Die AKP bereitet sich darauf vor, die Präsidentschaftswahlen 2019 nicht nur als einen wichtigen Schritt beim Übergang zur faschistischen Diktatur zu wählen.
Wie wir in den letzten zwei Jahren gesehen haben, selbst nach einer Zeit des Terrors und der Repression bekam sie in der Volksabstimmung vom 16. April Probleme. Aus diesem Grund kann das AKP / Palast-Regime dieses kriegslose, gewaltfreie und spannungsfreie Land nicht regieren.
Es gibt nichts „zu viel“, was die AKP-MHP-Allianz im Krieg gegen die kurdische politische Bewegung im Land tun könnte, die der Zement der Allianz ist. Hat die Situation wie der Afrin-Kampf internationale Möglichkeiten geschaffen? Oder wird es so sein, als würde man es tun? Oder eine andere Provokation, die zu einer großen sozialen / politischen Untreue führen wird, scheint entscheidend für die Aufrechterhaltung dieses Bündnisses und tröstende reaktionäre / nationalistische Tribunen zu sein.
Was als soziale Opposition übrig bleibt, wird durch Inhaftierung, Festnahme, Schließung, Beschlagnahme usw. bis zu Wahlen im Jahr 2019 (oder früher) mit diesen Methoden terrorisiert werden.
Der Widerspruch zwischen dem zerstreuten, unorganisierten, führungslosen Kräfte der sozialen Opposition und dem potentiell wachsenden Potential der Gleichen, ist die Aufgabe für Revolutionäre, die zu lösen gilt. Diese Aufgabe kann nur im legitimen militanten Massenwiderstand der Bevölkerung erfüllt werden. Dies ist die Linie des Kampfes, die den Übergang der faschistischen Diktatur verhindern wird.
Ich habe eine letzte Frage. Gibt es noch Menschen, die noch erwarten, dass Tayyip Erdogan auf der Grundlage des demokratisch, friedlich verlaufenen Wahl verliert und dann die Herrschaft dem Rivalen mit den Worten „Der Volkswille/ die Demokratie hat gewonnen. ich wünsche Ihnen viel Erfolg “ übergeben wird?
Übersetzt für FreieSicht.Org
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Halklar%C4%B1n_Demokratik_Partisi
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Proteste_in_der_T%C3%BCrkei_2013
[3] http://www.huffingtonpost.de/2017/07/14/erdogan-armee-tuerkei-isl_n_17483662.html
[4] Nach der Erfahrung mit den landesweiten regierungskritischen Gezi-Park-Protesten im Sommer 2013 hatte die AKP-Führung die Notwendigkeit zum Aufbau einer eigenen paramilitärischen Truppe zum Zweck der Terrorisierung und Einschüchterung politischer Gegner erkannt. Hierfür wurden die bis dahin als Folkloregruppe zur Pflege osmanischen Brauchtums dienenden, ebenso nationalistisch wie streng religiös ausgerichteten Osmanen-Herde (Osmanlı Ocakları) in eine Straßenkampfformation umgewandelt. Zulauf erhielten sie nach der Spaltung einer Jugendorganisation der religiös-faschistischen BBP im Jahr 2014. Ein Teil der BBP-Jugend wollte damals nicht den gemeinsamen Oppositionskandidaten von CHP und MHP bei der Präsidentschaftswahl unterstützten, sondern stellte sich hinter Erdoğan. Dies war der gewalttätigste Flügel des türkischen Faschismus, aus dessen Reihen die Mörder des armenischen Journalisten Hrant Dink sowie mehrerer Christen in den Jahren 2006/2007 stammten. Auch der jetzige Osmanen-Führer Kadir Canpolat war im November 2006 unter dem Vorwurf inhaftiert worden, einen Anschlag auf Papst Benedikt während dessen Türkeibesuch geplant zu haben. Ihre Bewährungsprobe hatten die Osmanen-Herde Anfang September 2015. Innerhalb von wenigen Tagen verwüsteten ihre Schlägertrupps rund 200 HDP-Büros. https://www.sicherheitspolitik-blog.de/2016/04/20/erdogans-woelfe-die-kriegsallianz-von-mhp-und-akp/