Vielleicht ist Donald Trump gar nicht so doof wie ich dachte. Ich sage das nur ungern, aber es sieht fast so aus, als hätte er die liberalen Konzernmedien dieses Mal auf seine Seite gebracht. Betrachtet man die jüngsten Meldungen zu Trump, dann erkennt man deutlich weniger Anspielungen an Weimar, Deutschland, Adolf Hitler und an „die Schwelle zum Faschismus“, vor dem Amerika angeblich steht, seit Hillary Clinton die Wahl verloren hat.
Ich habe ordentlich rumgegoogelt, aber ich konnte nicht eine Warnung eines Redakteurs finden, dass Trump die US-Verfassung abschaffen wolle, den Kongress auflösen und sich selbst zum Führer ernennen würde. Und auch keine Erwähnung von Auschwitz oder irgendein anderes Nazi-Zeug … was seltsam ist, da wir in den letzten beiden Jahren ständig mit diesem offiziellen Narrativ aus Hitler-Hysterie konfrontiert wurden.
Wie also hat Trump es geschafft, dass die liberalen Konzernmedien damit aufgehört haben, ihn einen Faschisten zu nennen? Er hat das geschafft, indem er sich wie ein Faschist benommen hat (d.h., wie ein „normaler“ Präsident). Soll heißen, er hat das Geschäft der Schurken des Tiefen Staats und der globalen Mandarine verfolgt, die das globale kapitalistische Imperium verwalten … diese lächelnde, heitere, Demokratie-verbreitende, post-faschistische Version des Faschismus, unter dem wir leben.
Ich beziehe mich natürlich auf Venezuela, das eines der wenigen unkooperativen Länder ist, die beim globalen Kapitalismus nicht mitspielen und die noch keinem Regimewechsel unterzogen worden sind. Trump hat dem versuchten Umsturz, der angeblich von der venezolanischen „Opposition“ durchgeführt wird, sein grünes Licht gegeben. Aber es ist ganz offensichtlich eine US-Operation, oder besser gesagt eine globale, kapitalistische Operation. Sobald Trump das getan hat, haben die Konzernmedien sofort damit aufgehört, ihn einen Faschisten zu nennen, ihn mit Adolf Hitler zu vergleichen, und so weiter. Und sie haben damit begonnen, offene Propaganda zu verbreiten, die seine Bemühung zum Sturz der gewählten Regierung eines souveränen Landes unterstützt.
Umstürze von Regierungen souveräner Länder, die Zerstörung ihrer Ökonomien, der Diebstahl ihres Goldes und andere Mittel, um sie in das Reich der globalen, kapitalistischen „internationalen Gemeinschaft“ zu bringen, das ist eigentlich nicht das, was sich die meisten Leute unter Trumps „Make America Great Again“ vorgestellt haben. Viele Amerikaner waren noch nie in Venezuela oder Syrien oder sonstwo, wo das globale kapitalistische Imperium kurz nach dem Kalten Krieg rücksichtslos seine Umstrukturierungen durchführte. Sie verbringen keine schlaflosen Nächte wegen venezolanischer Demokratie oder syrischer Demokratie oder ukrainischer Demokratie.
Nicht weil Amerikaner herzlose Menschen wären, oder ignorante oder selbstsüchtige Menschen. Es liegt daran, dass sie, nun ja, Amerikaner sind (oder eher weil sie glauben, dass sie Amerikaner sind). Und somit viel eher an den Problemen der Amerikaner interessiert sind als an den Problemen von Menschen in weit entfernten Ländern, die überhaupt nichts mit Amerika zu tun haben.
Es ist leider nur so, dass es kein Amerika gibt. Da gibt es nichts, das man wieder großartig machen könnte. „Amerika“ ist eine Fiktion, eine Fantasie, eine Nostalgie, die von Profitmachern wie Donald Trump (und anderen, nur etwas weniger clownesken Hausierern) benutzt wird, um was auch immer zu verkaufen … sich selbst, Kriege, Autos, egal was. Was es anstelle von Amerika wirklich gibt, das ist ein supranationales, globales, kapitalistisches Imperium. Ein dezentralisiertes, miteinander verflochtenes Netzwerk aus globalen Konzernen, Finanzinstituten, nationalen Regierungen, Geheimdiensten, supranationalen Regierungsbehörden, Militärstreitkräften, Medien und so weiter. Wem das zu weit hergeholt oder verschwörerisch klingt, der schaue sich an, was in Venezuela vor sich geht.
Das gesamte globale, kapitalistische Imperium arbeitet abgestimmt daran, den gewählten Präsidenten des Landes aus dem Amt zu treiben. Die USA, Großbritannien, Kanada, Frankreich, Deutschland, Spanien, Österreich, Dänemark, Polen, die Niederlande, Israel, Brasilien, Peru, Chile und Argentinien haben offiziell Juan Guaidó als den legitimen Präsidenten Venezuelas anerkannt, trotz der Tatsache, dass niemand ihn gewählt hat. Nur die offiziellen bösen Feinde des Imperiums (d.h. Russland, China, der Iran, Syrien, Kuba und andere nicht kooperierende Länder) sind gegen diesen „demokratischen“ Umsturz. Das globale Finanzsystem (d.h. die Banken) hat die Vermögen Venezuelas eingefroren (d.h. gestohlen) und versucht, dieses Vermögen an Guaidó zu transferieren, damit der das Militär Venezuelas kaufen kann. Die Konzernmedien hämmern das offizielle Narrativ wie auf einem Goebbelschen Piano in die Tasten, um die Allgemeinheit davon zu überzeugen, dass es hier einzig und allein um Demokratie geht. Man muss schon ein Volltrottel oder komplett gehirngewaschen sein, um nicht zu erkennen was geschieht.
Was geschieht, hat nichts mit Amerika zu tun … mit jenem „Amerika“, in dem die Amerikaner glauben zu leben und das viele von ihnen „wieder großartig machen“ wollen. Hier geschieht genau das gleiche, was seit dem Ende des Kalten Krieges geschehen ist, wenn auch vor allem im Nahen Osten. Das de facto globale, kapitalistische Imperium strukturiert den Planeten um – praktisch ungestraft. Methodisch wird jedes Hindernis beseitigt, das die Hegemonie des globalen Kapitalismus zur Privatisierung und zur Kommerzialisierung gefährdet.
Venezuela ist eines dieser Hindernisse. Der Sturz seiner Regierung hat nichts mit Amerika zu tun oder dem Leben der Amerikaner. „Amerika“ wird Venezuela nicht erobern und auf dessen Boden eine amerikanische Flagge pflanzen. „Amerika“ wird nicht dessen Öl stehlen, nach Hause verfrachten und es an „die Amerikaner“ in ihren Pick-ups auf den Parkplätzen von WalMart verteilen.
Was hat es mit den amerikanischen Ölkonzernen auf sich? Die wollen doch das venezolanische Öl, richtig? Ja sicher wollen sie das, aber die Sache ist die … es gibt keine „amerikanischen“ Ölkonzerne. Konzerne, vor allem multimilliardenschwere, transnationale Konzerne (z.B. Chevron, Exxon Mobil u.a.) haben keine Nationalität oder irgendeinen echten Treueschwur, außer den gegenüber ihren Aktienbesitzern. Chevron beispielsweise, dessen größte Aktienbesitzer Vermögensverwalter und Investmentfonds sind, etwa Black Rock, The Vanguard Group, SSgA Funds Management, Geode Capital Management, Wellington Management, und andere transnationale, viele Billionen Dollar schwere Unternehmen. Glaubst du wirklich, dass ein Firmensitz in Boston oder New York diese Unternehmen „amerikanisch“ macht? Oder dass die Deutsche Bank eine „deutsche“ Bank ist, oder das BP eine „britische“ Firma ist?
Und Venezuela ist nur das jüngste und krasseste Beispiel für das Imperium in Aktion. Frage dich ernsthaft, was haben die „amerikanischen“ Umsturz-Operationen im Nahen Osten wirklich für Amerikaner erreicht, außer dass viele dabei umgekommen sind? Ach ja, und was ist mit den Rettungsschirmen für all die transnationalen „amerikanischen“ Investmentbanken? Oder den Milliarden, die „Amerika“ an Israel gibt? Erkläre mal einer, wie die Bereicherung der Aktienbesitzer von transnationalen Konzernen wie Raytheon, Boeing und Lockheed Martin durch den Milliardenverkauf von Waffen an saudi-arabische Islamisten „dem amerikanischen Volk“ dient? Wie viel von dem saudischen Geld siehst du? Moment, da habe ich noch was für dich. Ruf mal deinen freundlichen Betriebsrenten-Manager an und frag ihn, wie es deiner Pfizer-Aktie geht. Und dann vergleiche das mit dem, was du einer „amerikanischen“ Versicherungsgesellschaft dafür zahlst, dass sie deine Kosten nicht decken.
Seit zweihundert Jahren wurden wir darauf konditioniert zu glauben, dass wir uns für Bürger einer Ansammlung souveräner Nationalstaaten halten, für „Amerikaner“, „Deutsche“, „Griechen“ und so weiter. Es gibt keine souveränen Nationalstaaten mehr. Der globale Kapitalismus hat sie abgeschafft. Aus diesem Grund erleben wir einen „neo-nationalistischen“ Umschwung. Trump, Brexit, der sogenannte „neue Populismus“ … das sind die Todeszuckungen der nationalen Souveränität, wie das Zappeln eines erstickenden Fisches, bevor man ihm eins überbrät und in die Kühlbox wirft. Der Kampf ist vorbei, aber der Fisch weiß das nicht. Er wusste nicht einmal, dass es eine Schlacht gab, bis er plötzlich aus dem Wasser gezogen wurde.
Und hier sind wir nun, beim Einzug des globalen kapitalistischen Imperiums. Wir werden nicht ins 19. Jahrhundert zurückkehren, nicht einmal ins frühe 20. Jahrhundert. Weder Donald Trump noch sonst jemand wird „Amerika wieder großartig machen“. Der globale Kapitalismus wir die Welt weiter in einen gigantischen Marktplatz verwandeln, in dem wir uns mit Drecksjobs zu Tode arbeiten, um Dinge zu kaufen, die wir nicht brauchen, in dem wir Schulden anhäufen, die wir nie zurückzahlen können und deren Zinsen die globalen, kapitalistisch herrschenden Klassen noch reicher machen werden, die, wie ihr vielleicht mitbekommen habt, sich auf die Zukunft vorbereiten, indem sie luxuriöse Untergrund-Bunker kaufen und post-apokalyptische Anwesen in Neuseeland. Das, und die Militarisierung der Polizei, die sie brauchen werden, um die „öffentliche Ordnung“ aufrecht zu halten … ihr wisst schon, so wie sie es momentan in Frankreich machen, indem sie auf diese Gelbwesten einprügeln, sie erblinden lassen und widerlich verstümmeln, diese Demonstranten, die von den Konzernmedien nach allen Regeln der Kunst verteufelt und/oder unsichtbar gemacht werden.
Oder, wer weiß, vielleicht schneiden sich die Amerikaner (und andere westliche Konsumenten) eine Scheibe von den Gelbwesten ab, stellen ihre politischen Differenzen zurück (oder ignorieren wenigstens ihren gegenseitigen Hass lange genug, um etwas zu erreichen) und fokussieren ihren Zorn auf die Politiker und Konzerne, die tatsächlich das Imperium am Laufen halten. Und nicht auf illegale Einwanderer und erfundene Legionen aus Nazis und Russen. Mit den unsterblichen Worten des Generals Buck Turgidson: „Ich sage nicht, dass wir nicht unsere Frisur versauen werden“, aber hey, es ist vielleicht einen Versuch wert. Vor allem da wir, so wie die Dinge laufen, am Ende sowieso da draußen landen werden.
Photo von Michael Nicholson/Corbis via Getty
Quelle: https://www.theblogcat.de/uebersetzungen/globalismus-12-02-2019/