Ich hatte im vergangenen Sommer, einen längeren Artikel zu einer fiktiven Richterin namens „Roswitha Ratlos“ (https://kamiltaylan.blog/2020/06/23/roswitha-ratlos-eine-richterin-am-verwaltungsgericht/) geschrieben. Dieser Artikel scheint beim BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) und bei einigen Verwaltungsgerichten zu Irritationen geführt zu haben.
Einige Rechtsanwälte machten mich besonders auf einen Absatz aus diesem Artikel aufmerksam, der zu „Irritationen“ geführt haben soll:
„Diese falsche Fixierung des BAMF, des Auswärtigenamtes, und der Mehrheit der Richterschaft auf UYAP hat einen spannenden „Nebeneffekt“. Inzwischen melden sich aus der Türkei Anwaltskanzleien in allen europäischen Sprachen, erklären sich bereit sofort alle Dokumente die politische Verfolgung des Asylbewerbers betreffend, aus der UYAP zu „beschaffen“. Ich nenne sie „Fälscherwerkstätten“.
Der Asylbewerber aus Deutschland oder sein Rechtsbeistand melden sich daraufhin bei diesen Fälscherwekstätten in der Türkei, geben die Personalien des Asylbewerbers durch und erhalten kurz danach einen Auszug aus der UYAP-Datenbank – mit Bar-Code des türkischen Justizministeriums, welches die Echtheit dieses Dokuments bestätigt-, ein Urteil oder einen Haftbefehl mit „Untaten“ des Mandanten bespickt.“
Diesem Absatz folgend haben Richter und die sogenannten „Entscheider“ des BAMF u.a. argumentiert, dass alle Unterlagen, die aus der zentralen Justizdatenbank UYAP entnommen wurden und von Flüchtlingen hier bei Asylentscheidungen vorgelegt wurden, sind laut dem Gutachter Kamil Taylan „Fälschungen“.
Jetzt zur Klarstellung:
- Es gibt gefälschte Dokumente aus der zentralen Datenbank der türkischen Justiz, UYAP, die von manchen Asylbewerbern hier dem BAMF und den Verwaltungsgerichten vorgelegt werden. Die können aber, über Gutachter aus der Bundesrepublik in der Türkei auf ihre Echtheit überprüft werden. Das ist sogar relativ einfach. Das haben auch die beiden „Vertrauensanwälte“ der Deutschen Botschaft in Ankara gemacht. Übrigens, sie sind inzwischen einstimmig freigesprochen worden.
- Es gibt auch Dokumente in den Ermittlungsakten in der Türkei, die auf die politische, strafrechtliche Verfolgung des Asylbewerbers Hinweise geben können, die aber in UYAP nicht zu finden sind, denn die Ermittlungsakten erscheinen in der Regel nicht in UYAP. Andere Dokumente aus den Ermittlungsakten sind wiederum in UYAP, aber können von Rechtsanwälten und Betroffenen nicht eingesehen werden. In der Türkei dürfen die Staatsanwälte die Akteneinsichtsbefugnis der Rechtsanwälte nach §153 der türkischen Strafprozessordnung durch einen Beschluss einschränken. In fast allen sogenannten „Terrorverfahren“ ist die Suche in UYAP sind für Betroffene, Rechtsanwälte und Geschädigte gesperrt. Aber auch solche Dokumente aus den Ermittlungsakten, die in UYAP nicht zu finden sind, sollten auf ihre Echtheit geprüft werden.
- In UYAP wird der Name einer Person erst vermerkt, wenn ein Richter, also ein Gericht, einen Beschluss gefasst hat. (Natürlich mit einer ziemlichen Zeitverzögerung werden die Daten in UYAP geladen) Beispiel: Gegen den Verfasser dieses Textes laufen 18 Ermittlungsverfahren (Stand August 2019). Meinen Namen werdet ihr in der UYAP nicht finden. (Stand Herbst 2019) Das heißt, mit meinen Fällen hat sich noch kein Richter befasst.
- Es kann auch geprüft werden, wenn keine Belege vorgelegt worden sind, ob gegen eine Person überhaupt ermittelt wird.
Daher finde ich es, sage ich mal nicht schön, wenn die Behörden und Gerichte alle Dokumente aus der Türkei pauschal als Fälschungen abtun.
Quelle: https://kamiltaylan.blog/2020/11/20/zur-klarstellung/