Nachdem sich die griechischen Transportarbeiter*innen einem 24-stündigen Streik im öffentlichen Sektor angeschlossen haben, kam am Donnerstag der Verkehr in Teilen Athens zum Erliegen. Die Gewerkschaften protestieren damit gegen einen Gesetzentwurf der Regierung, der u. a. auf eine Flexibilisierung des Achtstundentages abzielt. Die Gewerkschaften sagen, das es die Rechte der Beschäftigten in einer Zeit einschränke, wenn sie wegen der Pandemie ihren Job zu verlieren riskieren (Anhebung der täglichen Arbeitszeit von acht auf zehn Stunden, Abschaffung der Fünftagewoche und kollektiver Vereinbarungen). Die Regierung streitet das ab, die Änderungen sollten die Flexibilität für die Arbeiter*innen erhöhen (eine gewisse Freiheit für sie und die Arbeitgeber*innen, wie sie den achtstündigen Arbeitstag gestalten)… So die kurze Zusammenfassung der Agenturmeldung “Gridlock in Athens as transport staff strike over labour reform” am 6. Mai 2021 bei swissinfo.ch – siehe dazu “Neues Arbeitsgesetz – Was wir wissen müssen” und Aktuelles zu den Protesten:
- »Krieg« eröffnet: Regierungschef Mitsotakis empört Griechenlands Lohnabhängige mit neuem Arbeitsgesetz«
“… Kyriakos Mitsotakis, der seit Juli 2019 als Ministerpräsident das Land im Griff hat, will mit einem neuen, streng neoliberalen Gesetz die Deregulierung des Arbeitsmarktes zugunsten von Investoren und Unternehmern vorantreiben. Im Mittelpunkt des seit vergangenen Mittwoch in der Hauptstadt zirkulierenden Textes, der dem Parlament in Athen bisher offiziell nicht vorliegt: Die weitgehende Abschaffung des Achtstundentags und flächendeckender Arbeitsverträge – eine Kopie dessen, was Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in seinem Land bereits gegen alle Widerstände durchsetzte. Der Gesetzentwurf, dessen Wortlaut offenbar gegen den Willen der Regierung vorzeitig bekannt wurde und wohl zu Beginn der Sommerferien im Juni möglichst geräuscharm durch die Vouli, das griechische Abgeordnetenhaus geschleust werden sollte, sorgt inzwischen für helle Empörung im Land. (…) Tausende protestierten am Donnerstag vor dem Parlamentsgebäude, sogar Mitsotakis’ sozialdemokratisierter Vorgänger Alexis Tsipras ließ wissen: »Die Abschaffung des Achtstundentags wirft Griechenland ins Mittelalter zurück.« Die Gewerkschaften, allen voran die kommunistische PAME, sahen »den Krieg« der Beschäftigten gegen die Bosse eröffnet. Vor Fernsehkameras versuchte Mitsotakis am Sonnabend, die Wogen zu glätten. In seiner Vorstellung, die nach Meinung der Kommunisten zu hundert Prozent jener des Finanzkapitals und des griechischen Unternehmerverbands entspricht, enthält das schwer unter Beschuss stehende Papier »alles, was die griechischen Beschäftigten brauchen«, damit sie »frei ihre Arbeitssituation bestimmen können«. Freilich zu Bedingungen, die in Zukunft noch heftiger als bisher »der Markt« diktieren wird. (…) Die auch in Brüssel und Paris mit Interesse verfolgte Politik Mitsotakis’ folge ganz »der vorherrschenden Doxa« der rechtskonservativen Mehrheit europäischer Regierungschefs, erklärte die Athener Wirtschaftsprofessorin Filippa Hatzistavrou am Wochenende der Pariser Tageszeitung Libération, und die bedeute: Senkung der Arbeitskosten. »Der Süden Europas, das sind die ›Low-Cost‹-Länder.« Das sind die Bevölkerungen, in denen – wie in Griechenland – die Bereitschaft wächst, auch für einen Hungerlohn zu arbeiten…” Artikel von Hansgeorg Hermann, Chania, in der jugen Welt vom 10.05.2021 - “Neues Arbeitsgesetz – Was wir wissen müssen”
“Die Regierung der Νέα Δημοκρατία setzt den unkontrollierten Prozess der Einreichung und Verabschiedung von Gesetzesentwürfen inmitten einer Pandemie fort, während sie das öffentliche Gesundheitssystem ohne das notwendige Personal, die Infrastruktur und die Intensivstation, die Arbeitnehmer:innen am Arbeitsplatz ungeschützt und die ungeschützten Personen verlassen hat Appetit der Arbeitgeber:innen, während sie versucht, ihre Politik durch Unterdrückung durchzusetzen und angeblich aus gesundheitlichen Gründen zu verbieten. Diesmal bereitet sie sich darauf vor, eine weitere wichtige Rolle zu spielen, indem sie das gewerkschaftsfeindliche Gesetz, das sie seit Herbst plant, zusammen mit der Debatte über die Festlegung des Mindestlohns zur Abstimmung bringt. Besessen von hartnäckigen konservativen Ideen, Ziel des Gesetzentwurfs ist es, eine umfassende Anstrengung zur Reorganisation der Arbeit zu perfektionieren, die während der Memorandum-Periode eingeleitet wurde, während der SYRIZA-Regel (trotz des berüchtigten “Ausstiegs aus den Memoranden”) intensiviert wurde und nun unter dem Vorwand der Cov-19 Pandemie wiederbelebt wird. (…) Die Gesetzesentwurf ist ein Versuch, die festen Arbeitszeiten (8 Stunden pro Tag / 40 Stunden pro Woche) schamlos abzuschaffen und die Arbeit flexibler zu gestalten, indem Überstunden und Pausen ausgeglichen werden. Wie es heißt: “Unter bestimmten Bedingungen können Unternehmen Mitarbeiter:innen für maximal 10 Stunden pro Tag ohne zusätzliche Vergütung beschäftigen, wenn sie innerhalb der gleichen 6 Monate die Stunden mit einer entsprechenden Reduzierung von Stunden oder freien Tagen oder Tagen bezahlen aus.” Der Punkt hinter den gesetzlichen Bestimmungen ist, dass diese Bestimmung einen vollständig “rechtlichen” Rahmen bildet, in dem ein:e Mitarbeiter:in keinen Anspruch auf Überstundenvergütung hat, sondern bei einer Arbeitszeit von bis zu 10 Stunden pro Tag nur 8 Stunden bezahlt wird! Außerdem wird das System der “digitalen Stunden” mit der Anwendung der elektronischen Karte der Arbeitnehmer:innen eingeführt, mit der die Arbeitgeber:innen die Arbeit intensivieren und die Pausen für Lebensmittel, Toiletten usw. begrenzen kann. Das Arbeiten an Feiertage kommt zusätzlich auf die lange Liste von Unternehmen und Jobs, die bereits sonntags arbeiten erlaubt. (…) Die Gesetzesvorlage, die gleichzeitig gegen die 8 Stundenregelung verstößt, versucht, die Abschaffung von Streiks und die Mobilisierung von Gewerkschaften ins Visier zu nehmen und im Wesentlichen zu verhindern. Jeder Versuch, einen Widerstand zu bilden, könnte illegal sein, wenn er als radikal angesehen wird oder “psychologische Gewalt anwendet”. Das heißt, die Arbeitgeber:innen können den Streik jederzeit verbieten, während auf diese Weise die Bewachung des Streiks und die Besetzung von Arbeitsplätzen verboten ist! Es ist auch geplant, einen Streikmechanismus mit dem Mantel des Sicherheitspersonals in “lebenswichtigen Bereichen” zu schaffen, der 40% der Beschäftigten erreichen wird…” Übersetzung von Informationen von attack greece vom 06.05.2021 durch @eleftheria161 – wir danken! - Siehe auch Infos zu aktuellen Protesten im Thread von @eleftheria161 vom 6. Mai 2021 und dem von
- @Antikalypse samt Videos