Um zu verstehen, warum die französischen Behörden entschieden haben, Frankreichs Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy für seinen vergangenen Wahlkampf zur Rechenschaft zu ziehen, muss man herausfinden, wer davon profitiert, den „toten“ Politiker einer ruinierten Partei endgültig platt zu machen. Die Antwort auf diese Frage erklärt sich mit dem Verbleib von den über zehn Milliarden Euro von Libyens Konten, die die UNO 2011 einfrieren ließ.
Das Geld verschwand von der Euroclear Bank in Belgien in den Jahren 2013-2017, berichtete die belgische Wochenzeitung Le Vif am 20. März‘18. Es sind nur knapp über fünf Milliarden Euro auf vier Konten übrig geblieben. Obwohl Belgien, laut Finanzministerium, nicht bestimmt hatte, diese Vermögenswerte “aufzutauen“.
Niemand weiß um welche Beträge es sich bei den 2011 eingefrorenen libyschen Vermögenswerten handelt. Sarkozy gab an, dass bis zu 63 Länder an der Plünderung von Libyen teilgenommen haben. Allein in den USA haben Goldman Sachs, Citigroup, JPMorgan Chase und die Carlyle Group laut Associated Press 34 Milliarden Dollar eingefroren. Das Geld wurde als Einlage verwendet, in Aktien investiert und brachte Gewinne, und trotzdem ist es verschwunden. Im Jahr 2016 wies der UN-Sicherheitsrat die Forderung Libyens, die eingefrorenen Konten und Vermögenswerte selbst zu verwalten, zurück. Wahrscheinlich gibt es nichts mehr, was “aufgetaut“ werden könnte.
Warum Sarkozy eine Gefängnisstrafe droht:
Zufall oder nicht, unmittelbar nach Veröffentlichung des Berichts von Le Vif, wurde Sarkozy verhaftet und angeklagt 50 Millionen Euro, zur illegalen Finanzierung seines Wahlkampfs 2007, vom libyschen Führer erhalten zu haben.
Es scheint so, dass der Ex-Präsident durch zahlreiche Ermittlungen in die Klemme geraten ist; seine politische Karriere ist vorbei und der Prozess gegen ihn kann nur den Ruf Frankreichs beschädigen. Warum wollen die französischen Behörden ihn für eine Haftzeit von bis zu zehn Jahren ins Gefängnis bringen? Was, wenn sich Sarkozy, angesichts der materiellen Schwierigkeiten seiner „Republikaner“ -Partei (er verlor sowohl die Präsidentschafts- als auch die Parlamentswahlen), dazu entschied, einen Teil des süßen Kuchens eingefrorener libyscher Vermögenswerte zu nehmen?
Sarkozys Festnahme macht deutlich, dass er sich von diesem Kuchen nicht hätte bedienen sollen.
Im Übrigen ist es für Präsident Macron sehr verlockend, Sarkozy für den Zusammenbruch Libyens wie auch für den Zustrom von Flüchtlingen nach Europa verantwortlich zu machen.
Aber warum hat Sarkozy den Dukatenesel töten wollen?
Es war Frankreich, das den Krieg gegen Libyen entfesselte, noch bevor das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten es unterstützten. Die Gründe für diese Aggression finden sich in der durchgesickerten Korrespondenz von Sidney Blumenthal mit der damaligen US-Außenministerin Hillary Clinton. Nach Angaben von US-Beamten plante Gaddafi Frankreich langfristig als dominierende Macht in Westafrika ersetzen.
Es stellte sich heraus, dass Gaddafi 143 Tonnen Gold und etwa die gleiche Menge an Silber angespart hatte, die er zur Schaffung einer pan-afrikanischen Währung auf Basis des libyschen Gold-Dinars verwenden wollte. Blumenthal schrieb, es sei geplant, den französischsprachigen afrikanischen Ländern eine Alternative zum CFA-Franc zu bieten. Das war einer der Faktoren, die den damaligen Präsidenten Sarkozy zu der Entscheidung drängten, militärische Operationen in Libyen zu starten. Man beachte, dass der CFA-Franc an den französischen Franc gekoppelt war. [und ab 1998 an den EURO, siehe: Frankreichs Rolle in der CFA-Franc-Zone – https://de.wikipedia.org/wiki/CFA-Franc-Zone – Anm.d.Übers.]
Natürlich konnte Sarkozy es nicht zulassen diesen Kontrollhebel über die Ex-Kolonien zu verlieren. Wahrscheinlich hat er das Einfrieren des Libyschen Vermögens mit seinen Verbündeten abgestimmt. Die westlichen Länder erhielten somit fast 60 Milliarden Dollar und die Kontrolle über Libyens Ölvorkommen.
Gaddafis Lehren für Russland
Es gibt mehrere Lehren, die Russland aus dieser Geschichte ziehen muss.
Die erste Lektion ist für den Präsidenten.
Gaddafi war lange dämonisiert worden, bevor der Westen ihn zerstörte und den Reichtum Libyens plünderte. Was sollte es bezwecken eine Pan American Boeing über Schottland in die Luft zu jagen? Wozu wurde eine andere Boeing über dem Donbass in die Luft gejagt? In beiden Fällen wurde ein Präsident des Verbrechens beschuldigt. Alle bekannten Terroranschläge, die der Westen Gaddafi zuschrieb, sind nie bewiesen worden, auch wenn Gaddafi den Opfern großzügige Entschädigungen zahlte, um Sanktionen zu vermeiden. Und genauso verhält sich der Westen jetzt mit dem russischen Präsidenten.
Die zweite Lektion ist für die Menschen.
Was brauchten die Libyer, deren Einkommen während der Gaddafi-Ära doppelt so hoch waren, wie die der meisten Russen? Sie wollten, was auch die russischen Liberalen in letzter Zeit im Schilde führen – den „Diktator“ stürzen und alles andere kann zur Hölle gehen.
Die dritte Lektion ist für alle, die „Geld haben“.
Man sollte kein Geld in westlichen Banken verwahren, egal ob es sich um das Geld privater Investoren oder um nationale Reserven handelt. Der Westen wird nicht zögern, diese Vermögenswerte unter Missachtung jeglicher internationaler Rechtslagen einzufrieren.
Quelle: https://www.globalresearch.ca/what-russia-needs-to-learn-from-gaddafis-mistakes/5633755
Die ursprüngliche Quelle dieses Artikels ist Pravda.Ru
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