Die Debatte über Özil zeigt wie die rassistische Scheiße, die jahrelang im Verborgenen blieb, wieder nach oben treibt. Es ist egal wo du hinguckst. Im Namen des Sports scheißen die Rassisten aus allen Rohren.
Vorreiter sind wieder Mal die Medien, wie immer. Sie heizen nicht nur die Stimmung auf, sondern verbreiten jeden Scheiß.
Und in den sozialen Medien boomt das Geschrei, jeder der einen Mund hat, redet, “wie eine türkische Redewendung sagt“.
Beginnen wir mit den Posts der Türkisch-Kurdischen Community:
Es scheint so, dass einigen nicht klar ist, warum es eigentlich geht. Die möchte gern anti-rassistische Statements posten, vermengen aber die Situation von Özil mit Deniz Naki.
Deniz Naki ist der ehemalige St. Pauli Spieler, der nach Diyarbakir fuhr, um bei der dortigen kurdischen Mannschaft Amed Spor zu spielen. Wegen seiner Äußerungen zu den türkischen Bombardierungen kurdischer Städte, “lasst die Kinder nicht sterben, sie sollen zum Fußball kommen“, wurde er nicht nur angeklagt und gesperrt, sondern auch verbalen Attacken ausgesetzt, sodass er die Türkei verlassen musste. Die rassistischen Angriffe auf ihn hörten auch in Deutschland nicht auf. Auf sein Auto wurde auf der Autobahn geschossen. Nicht nur weil er ein Kurde, sondern auch weil er ein Revolutionär, ein Kämpfer ist. Die politische Haltung von Özil ist unbekannt, da er sich bislang weder zu Ereignissen in der Türkei noch in Deutschland oder weltweit geäußert hat.
Die Debatte über Özil kennen wir alle. Aber dass es in beiden Fällen um Rassismus geht, ist anscheinend nicht allen klar. Die vorgeblichen Anti-Rassisten vermischen die beiden Fälle und kotzen ihren Hass heraus.
Was für einen Unterscheid macht es aus welchem Mund – deutsch, türkisch, kurdisch oder sonst einem – diese rassistische Scheiße kommt? Wie viele dieser Typen haben den Namen Oury Jalloh, der einem rassistischen Mord Opfer gefallen ist, gehört? Oder die Namen der vielen anderen?
Worum geht es in diesem Fall wirklich? Ich sag es euch: RASSISMUS
Wir haben ein Problem und es ist nicht neu.
Es ist mir nicht begreiflich, wie diese Schadenfreude aufkommen kann. Nach dem Motto “Deniz Naki ist damals auch angegriffen worden, jetzt seid ihr an der Reihe“. Begreift es verdammt noch mal, es geht um uns. Um Menschen. Was Özil richtig oder falsch gemacht hat, tut nichts zur Sache.
Wir müssen mit alltäglichem Rassismus leben. Wir müssen uns tagtäglich dagegen wehren. Genau diese Gefühle, Erlebnisse hatte Özil auch. Nun wurde durch Özil die Rassismus-Debatte eröffnet. Und das ist gut.
Millionen haben sich auf der Plattform „MeTwo“ zu Wort gemeldet, eine Welle von Berichten von eigenen Erfahrungen rollt über das Land. Das wäre nicht möglich, wenn Özil nicht den ersten Stein in‘s Rollen gebracht hätte.
Man muss eine Person, die verbalen rassistischen Attacken ausgesetzt wurde nicht mögen, aber man muss sich mit ihr solidarisieren. Das tut man nicht für denjenigen, sondern für sich selbst und für uns alle.
Als alle Spieler von St Pauli bei einem Freundschafts-Spiel, aus Solidarität mit Deniz Naki, mit einem Trikot mit dem Namen “NAKI“ aufs Feld gingen, gingen Hunderte von Hassbotschaften von türkischen Nationalisten/Rassisten auf der web-site des Vereins ein. Sind wir jetzt soweit, uns wie die Idioten von damals zu verhalten, weil Özil ein “Türke“ ist?
Als Özil am 08.10.2010 in Berlin bei dem Qualifikationsspiel zwischen Deutschland und der Türkei ein Tor für die deutsche Nationalmannschaft geschossen hatte, wurde er in unmöglicher Weise von türkischen Nationalisten/ Rassisten beschimpft, wobei “Verräter“ noch am harmlosesten war. Heute wird er von den deutschen Rassisten beschimpft.
Über Staatsangehörigkeit und nationale Identität äußerte sich Özil im Oktober 2012 wie folgt:
„Ich habe in meinem Leben mehr Zeit in Spanien als in der Türkei verbracht – bin ich dann ein deutsch-türkischer Spanier oder ein spanischer Deutsch-Türke? Warum denken wir immer so in Grenzen? Ich will als Fußballer gemessen werden – und Fußball ist international, das hat nichts mit den Wurzeln der Familie zu tun.“ [1]
Und heute:
“wenn wir gewinnen, bin ich ein Deutscher, aber wenn wir verlieren, bin ich Deutsch-Türke“
Was Rassismus beim Fußball angeht, ist Özil nicht allein.
Romelu Lukaku:
“Wenn es gut lief, las ich Zeitungsartikel und sie nannten mich Romelu Lukaku, den belgischen Stürmer. Wenn es nicht gut lief, nannten sie mich Romelu Lukaku, den belgischen Stürmer kongolesischer Herkunft.“
oder
Karim Benzema:
“Treffe ich, bin ich Franzose. Treffe ich nicht, bin ich Araber.“
Wenn das kein Rassismus ist, was dann?
Die Thematik ist zu komplex, als dass sie in den begrenzten Zeilen der sozialen Medien diskutiert werden könnte. Vor allem nutzen diese 3-zeiligen Meinungsäußerungen nur der Spaltung der Gesellschaft. Genau das wollen die Herrschenden auch.
Ihre Reaktion auf die Debatte lässt nicht auf sich warten:
Der Moralapostel des deutschen Fußballs Uli Hoeneß, der mit seiner Moralpredigt im Jahr 2000 die Ernennung des Trainers Christoph Daum, wegen dessen Drogen Affäre, verhinderte, ließ sich 10 Jahre später bei seiner Steuerhinterziehung erwischen. Dumm gelaufen. Er hatte die Ernennung des “Verschnupften Daum“ als moralisch nicht tragbar bezeichnet. Aber seine Steuerhinterziehung war anscheinend “moralisch tragbar“. Hoeneß war 35-facher Nationalspieler und hat fünf Tore geschossen, Özil ist 92-facher Nationalspieler und er hat 62 Tore in A-Mannschaften geschossen. Und Özil war 4-mal Bester Nationalspieler des Jahres. Aber Hoeneß macht Özil für das Ausscheiden des Nationalmannschaft in Russland verantwortlich “er hat Mist gespielt“. Als ob Özil allein auf dem Feld gewesen wäre. Das ist Neid, Dummheit oder besser gesagt Rassismus…..! Moralapostel eben.
Ein für “Sport und Integration“ zuständiger Außenminister Heiko Mass greift aus heiterem Himmel in die Debatte ein, auch er hat was zu sagen, um einige goldene Punkte für seinen Karriere zu sammeln. „Einen in England lebenden Multimillionär“ kann man nicht als Maßstab nehmen. Er blieb seinen Wählern aber die Angabe schuldig, was/wen man als Maßstab nehmen kann. Gibt es überhaupt einen Maßstab für Rassismus- Opfer?
Dann gibt es noch den Vorzeige Deutsch-Türken Cem Özdemir. Er sprang sofort als angemessener Träger des Maßstabs aus der Deckung und erklärt, was Özil falsch gemacht hat. Woher nimmt er die Frechheit den Menschen vorzuschreiben, wie sie sich zu benehmen haben?
Warum ist es in Deutschland nicht möglich, dem Beispiel Schwedens zu folgen?
Als Durmaz das Faul im Spiel gegen Deutschland verursachte und durch den Freistoß das zweite Tor für Deutschland fiel, wurde der schwedische Nationalspieler Durmaz in den sozialen Netzwerken beschimpft und bedroht. Der schwedische Fußballverband hat sofort Anzeige erstattet. Viele Politiker, Funktionäre und alle seine Teamkameraden standen hinter ihm.
Der einzige Sündenbock der deutschen Nationalmannschaft Özil kann lange warten, bis auf einige wenige, äußerten sich seine Kameraden bis heute nicht. So viel zum Teamgeist.
Wenn es um Rassismus geht, müssen sich die Täter entschuldigen, nicht die Opfer. Özdemir ist nicht integriert sondern assimiliert. Aber Integration darf keine Assimilation sein. Wenn man die Attentäter in Frankreich und Belgien betrachtet, hat die jahrelange Assimilationspolitik versagt.
Integration setzt gegenseitiges Verständnis voraus.
Verfasst für freiesicht.org
[1] http://www.faz.net/aktuell/sport/fussball-em/deutsches-team/mesut-oezil-druck-von-rechts-11794657.html