Jeder muss wissen, dass der Plan der USA und der EU, sich von Erdogan zu befreien, nichts mehr als die Befreiung des türkischen Kolonial-Faschismus von Erdogan ist. Das strategische Ziel von USA und EU ist es die Fäden der Kontra-Guerilla der Türkei wieder in die Hand zu nehmen und über die Kontra-Guerilla wieder die Macht zu erlangen.
Nach der, wie aus dem Nichts entstandenen, Krise in den Niederlanden kam der Nachschlag. Als die EU sich hinter die Niederlande stellte, verschärfte Erdogan den Ton und verpasste Merkel das Nazi-Etikett. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. BND Chef Kahl ließ die Bombe platzen: „Hinter dem Putsch steht nicht die Gülen Bewegung, das ist nur ein Vorwand. Die Gülen-Bewegung ist eine zivile Vereinigung zur religiösen und säkularen Weiterbildung“. Dieser Erklärung von Kahl folgten laute Aufrufe, die ein Verbot der Aktivitäten der AKP in Deutschland forderten und dass Minister und Abgeordneten der AKP, im Fall, dass sie nach Deutschland einreisen wollen, zu unerwünschten Personen erklärt werden. Es scheint so, dass Deutschland, falls die Nazi-Vergleiche mit Merkel nicht zurück genommen werden, die Latte hoch halten wird.
Hinterher sagte der Vorsitzende des Aufklärungskomitees des US Kongresses Nunes; „Ich habe keinen Beweis gesehen, dass die Gülen-Bewegung mit dem Putsch in Verbindung steht, unsere Beziehungen mit der Türkei sind sehr angespannt und werden im Rahmen unserer Bemühungen den IS aus dem Irak und Syrien zu drängen noch schwieriger“.
Fast zeitgleich wurde in den USA endgültig entschieden, die Hauptkampfgruppen bei den Rakka-Operationen, die aus YPG- und Roj Peschmerga-Kräften (mit KDP Unterstützung) bestehen, zu sponsern. Diese Nachricht ist nicht nur wegen der Zusammenarbeit der USA mit der YPG, als eine Kehrtwende der amerikanischen Politik wichtig, sondern auch insofern als dies die USA, die YPG und die KDP auch in indirekter Weise zusammenbringt. Während Erdogan die KDP, wegen Shingal gegen die PKK in den Krieg zu schicken versucht, bringt die USA die KDP mit der PKK zusammen.
Offenbar entwickelt sich zwischen Erdogan und der USA/EU eine Auseinandersetzung, die nicht mehr zu verbergen ist.
Wenn die Oligarchie die Türkei regiert und der Imperialismus die Oligarchie regiert, muss man diese Auseinandersetzung zwischen der Regierung und der USA/EU ernst nehmen. Es ist auch offensichtlich, dass sich der Einfluss der USA und der Oligarchie auf die Regierung, die politischen und bürokratischen Kader sowie die politischen Parteien nicht in Luft auflösen wird.
Es wird keine Überraschung sein, dass, wenn am 16 April bei dem Referendum ein „Nein“ herauskommt, sich diese Auseinandersetzung verschärfen wird und die nachfolgenden Ereignisse die Regierung erschüttern werden. Wenn ein „Ja“ herauskommt, wird die Auseinandersetzung zwischen Erdogan und den USA/EU nicht enden.
Es wird über die hohe Wahrscheinlichkeit gesprochen, dass, wenn Erdogan trotz eines „Nein“ bleiben würde oder er ein „Ja“ bekäme, um seine Macht auszubauen, die USA und die EU ihm den Status eines „Diktators des Nahen Ostens“ à la Saddam oder Mubarak verpassen würden.
Die Wahrscheinlichkeit ist größer, dass Erdogan es nicht riskiert, dass man ihn in einen Saddam oder Mubarak umwandelt, sondern die Einigung mit der USA/EU suchen wird (was ihn teurer zu stehen kommt, als mit Russland und Israel). Erdogan hat bereits angefangen zu sagen, dass er sich mit den USA/EU nach dem 16. April an einen Tisch setzen will.
Die Alternativen zu entweder der Einigung mit den USA/EU (für seine persönliche Sicherheit) oder der Erlangung des Status eines Saddam oder Mubarak, werden der Konjunktur der politischen Krise einen weiteren Aufschwung bringen.
Nur die Kurdische Bewegung wird bei einer Einigung und dem Ende der Spannungen oder bei sich vertiefenden Spannungen durch die Auseinandersetzung zwischen Erdogan und der Oligarchie der USA/EU, nicht zwischen die Fronten geraten. Die, auf Syrien konzentrierte und für alle “Akteure“ des Syrienkriegs unverzichtbare, kurdische Bewegung, hat eine Position erlangt, aus der sie sich allen Szenarien, in der sich um Erdogan drehenden Auseinandersetzung, anpassen und ihre Fronten ausbauen kann.
Bei den verschiedenen Szenarien dieser angespannten Situation, werden die türkische Linke und die Sozialdemokraten nicht die gleiche bequeme Situation haben.
Die Verteuflung von Erdogan (was er schon lange verdient hat) seitens der USA und der EU, weckt die Erwartung, dass diese sich den liberalen Alternativen zuwenden werden. Dies wird der sozialistischen Opposition noch viele Probleme bereiten.
Es wird wahrscheinlich unsere Rolle sein bei der liberalen „Schickeria-Opposition“ (die, so wie vorher die Republikaner auf die Armee setzten, früher auf die AKP gesetzt haben), Überzeugungsarbeit zu leisten, dass man sich im Kampf gegen Erdogans Faschismus nicht an den Imperialismus anlehnen kann.
Man muss wissen, dass der Plan der USA und der EU, sich von Erdogan zu befreien, nichts mehr als die Befreiung des türkischen Kolonial-Faschismus von Erdogan ist. Es ist das strategische Ziel der USA und der EU die Fäden der Kontra-Guerilla der Türkei wieder in die Hand zu nehmen und über die Kontra-Guerilla wieder die Macht zu erlangen. Aus diesem Grund bezwecken die USA und die EU mit ihrer Unterstützung einiger Liberaler, ein Machtzentrum á la „Sisi“ (Akars, Dündars; Fidans *) zu errichten.
Nach den aufeinander folgenden Putsche, könnten die Entwicklungen bezüglich des 16.April der Anfang einer Zwischenlösung sein. Dieser Prozess endet entweder mit der Reparatur des kolonialen Faschismus oder mit der Demokratie des Volkes.
Wenn bei diesem Prozess, die Auseinandersetzung zwischen Erdogan und den imperialistischen Zentren, der Oligarchie sowie den von ihnen unterstützten Kräften den Fokus bestimmen, gewinnt der Faschismus, wenn die linken und sozialistischen Volksinitiativen in den Vordergrund rücken, wird die Demokratie gewinnen.
*Fetrete Dogru ist die Original Titel. Hier wurde sie geändert. Fetret ist die Zeit zwischen 2 Ereignissen.
**Sisi: Ägyptische Präsident Sisi
Akar: Hulisi Akar, der Generalstabschef der Türkei
Dündar: Republikanische Journalist Can Dündar
Fidan: Präsident des Türkischen Geheimdiensts
Übersetzt aus dem Türkischen für Freiesicht.org
Quelle:
http://sendika16.org/2017/03/fetrete-dogru-ferda-koc/